Isolation Berlin – Körper

Ich dachte, der märkische Acker ist selbst in Mitte schon vor so langer Zeit trockengelegt worden, dass sich kaum einer mehr daran erinnern kann, dass die Wiesen zwischen Neucölln und Moabit mal sumpfiges Schwemmland waren. Allerdings wissen manche heute wieder vom Versinken in neuer Berliner Bodenlosigkeit zu berichten.
Ok, dass es schlimm geworden ist in der Hauptstadt in den letzten Jahren, dass wissen sogar Besucher. Die verlorene Aufbruchstimmung, die Gentrifizierung, die Dauerbaustelle S-Bahn, die fehlenden Konzepte, die Schnösel, die BND- und Polizeistadt und die allgegenwärtigen Touristen-Scharen. Echt schlimm.
Dass es allerdings in Wirklichkeit noch viel schlimmer ist, davon wissen uns Isolation Berlin nun zu berichten. Mit großer Leidenschaft. Sie erklären uns diese innere zerfressene Häßlichleit, an der die Spezies des modernen Metropolenmenschen – offensichtlich geradezu zwangsläufig – leidet. An der diese zu Grunde geht. Die sie zu Krüppeln macht. Und zum Dämon Alkohol greifen lässt. Bis sie raus will aus der ganzen Scheiße. Aber so einfach ist das eben nicht, das mit dem Ausbrechen aus der Scheiße, wenn man erstmal drinsteckt in der Isolation der Stadt Berlin. – Es ist ein düsteres Bild vom Sumpf, dass hier entsteht. Und gleichzeitig eine Liebeserklärung. An eine Heimat.
Das mit dem düsteren Bild kriegen Tobi, Max, David und Simeon von Isolation Berlin ziemlich gut hin. Mit großem Pathos stechen sie einen Holzschnitt, der durch und durch nach Einsamkeit und Perspektivlosigkeit riecht. Soweit gute Arbeit. Wenn Isolation Berlin jetzt noch musikalisch eine etwas eigenständigere Sprache fänden, die sie aus einem Bündel sehr alter Körper von Rio Reiser bis Selig heraustreten ließe, dann, aber auch nur dann, stände uns Größeres bevor.
„Körper“ von Isolation Berlin erscheint am 13. März 2015 bei Staatsakt.
Bandfoto

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