Pünktchen ohne Anton – Kurzkritiken zu aktuellen Tonträgern

Hip-Hop am Stück.
amp liveAmp Live – Headphone Concerto
Klassik und Hip-Hop. Das klingt nach angestaubter 90er-Fantasie, die muckig sein will, aber auch ungemein cool und trendy. Immer ging das schon in die Hose. Auch Amp Live verdaddelt sich am Style. Dirty Cello klingt nach bekifften Rondo Veneziano. Die ganzen Gäste versuchen sich an spießigen Gerüsten abzuarbeiten.
Cheesy Beats, die nach Radio schreien, tummeln sich zwischen Jazz-Hooks und Elektronik.
Für Hip-Hop-Fans ist das derber Müll, der einem fast peinlich ist und für Musikliebhaber, die mal Crossover wollen, bietet Amp Live große Kunstkacke, die kein Feeling hat und überhaupt nicht knallt. 1/10  
 
SoulsOfMischiefSouls of Mischief (Presented by Adrian Younge) – There is Only Now
Smooth geht es zu. Die Souls of Mischief wissen zu erzählen. Sie packen eine Crime-Story, die an einen Vorfall am Anfang ihrer Karriere erinnert, in smarte, wirklich knorke Tracks, die sich jazzy, aber mit Streetcredibility in sanften Sphären bewegen. Tolle Gäste ummanteln den Eindruck noch, dass hier Qualität produziert wurde. Snoop Dogg veredelt den Titeltrack.
Man erinnert sich an das Yesterday New Quintett und Madlib. An klasse Jazzmatazz-Momente, die wirklich das Genre erweiterten. Eine Prise Soul macht manch‘ Muckiges gefühliger. Hits lehnen sich an Interludes. Ali Shaheed Muhammed von A Tribe Called Quest mimt den Radiomoderator, der zwischendurch die Geschichte am Laufen hält. Tolles Ding. 7,5/10


Illy – Cinematic

Illy ist ein Popper. Ein Möchtegern-Hip-illyHopper. Alles nicht schlimm, denn Illy weiß das und macht nicht auf dicke Gangster-Hose. Er schmiert sich lieber Synthies auf die Baggy-Pants, lächelt kühl und macht auf Tränendrüse, wenn es von Nöten ist.

Eigentlich will er der Partylöwe sein, der gutaussehend, die Obey-Kappe über die Ohren zieht. Er flirtet mit der Zunge. Wer ist Bieber? Cheesy Hooklines zermalmen dein Autoradio. Große Beats machen dein Stadion für Illy sauber. Er ist eine Marke. Er gibt alles, er bleibt ein ehrlicher Musiker, der sich seine Zwei-Zimmer-Bude finanzieren möchte. Hey, Popper zu sein, tut gar nicht weh. Und die Girls lieben das. 3/10

Dilated Peoples - Directors Of PhotographyDilated Peoples – Directors Of Photography
8 Jahre ist es nun her, dass die Dilated Peoples gemeinsame Sache gemacht haben. Trotz illustrer Gäste ist es ein relaxtes, oldschoolmäßiges Album geworden, dass eher trocken als high-end ist. Mal wird wild gesolo-scratcht, mal die Hook verschoben.
Mehr als Boom Bap quillt nicht aus der Röhre. Aber man lehnt sich genüsslich zurück. Die Männer wissen, was sie da tun. Sie müssen keinem mehr was beweisen. Tun sie auch nicht. Alles bleibt in der Bahn. Nicht bahnbrechend, aber mit Stil gelebt. Namen wie DJ Premier, Alchemist, Aloe Bacc oder Vince Staples lassen zwar etwas mehr erhoffen, als Midtempo der Coolness, doch insgesamt ist das ein korrektes Wiederbeleben eines Traditions-Hip-Hop. 7/10
remi_rawxinfinityREMI – Raw X Infinity
Wie Illy kommt auch REMI aus Australien. Seine lockere Slacker-Art steckt sofort an. Ein Lausbub, der sehr genau weiß, wie der Flow kommen muss, um gezielt abzuliefern.
Manches scheppert oder es eiert gewaltig. Cool. Keine nullachtfünfzehn Beats, die schon Altersflecken haben. schön jung, dynamisch und spleenig. Auch mit Rock versucht REMI seine Rhymes zu begleiten.
Wenn er singt, denkt man kurz an eine ganz große Karriere. Dies sollte er unbedingt ausbauen. Sein Talent sitzt ihm auf der Zunge. Vielleicht weniger posen, sondern mehr grooven und soulen. Ich bleibe dran. Ein vielseitiges Album, das immer wieder kleine Akzente setzt, die in Erinnerung bleiben und Lust auf weitere Produktionen machen. 7,5/10

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