Blogstöckchen: Fünf Buchvorsätze

Da hat mich ein Stöckchen am Kopf getroffen oder vielleicht sogar zwischen den Beinen und ich muss umgehend reagieren. Komme doch eh gerade zu nix, warum sich also um Kettenbloggerei kümmern?
Um Bücher soll es sich drehen. Okay. Zum Lesen komme ich nach der Geburt meines Sohnes gar nicht mehr. Ich musste auch die Bibliothek, die ich mit meiner Frau angesammelt habe, in Kisten verpacken und in einen extra angemieteten Kellerraum verfrachten. Leider auch meine CD- und DVD-Sammlung. Alles für den Kleinen! Nichts war mehr sicher. Die Wohnung ist einfach zu klein für meine Leidenschaften. Und zu gefährlich für Laufanfänger. Herr Decker in Gestalt eines kotzenden Einhorns warf also diesen Knüppel. Was kann ich tun? Während Percy Mayfield aus der mp3-Konserve schallt, denke ich über die mir gestellte Aufgabe nach:
“Zähle 5 Bücher auf, die ganz oben auf deiner Wunschliste stehen, die aber KEINE Fortsetzungen von Büchern sind, die du schon gelesen hast – sie sollen also völlig neu für dich sein. Danach tagge 8 weitere Blogger und informiere diese darüber.”
Gut, dass mit den acht Bloggern lasse ich natürlich sein. Es soll ja nicht beliebig werden. Dafür nehme ich zwei Alpha-Blogger, Troubadoure und Buchexperten aus Hamburg ins Visier. Bosch muss mal kurz vom Kaffee lassen und zum Tagesgeschäft zurückkehren. Lennart Thiem hingegen darf das Musizieren an den Nagel hängen und sich in alter Felgerson Blau-Manier austoben. Sorry, Ihr seid dafür geboren!
Hier die letzten fünf Bücher in meiner Wohnung, die mir geschenkt wurden und ich unbedingt noch lesen muss/will.
Jean Genet – Notre-Dame-des-Fleurs
Über Genet weiß die geile Wiki zu berichten:
„Genet hebt sich vor allem durch seine bildhafte Sprache hervor. In seinen autobiografisch gefärbten Werken tauchen hauptsächlich Zuhälter, Diebe und andere Randexistenzen ihrer Zeit auf. Genet trat 1929 in den Militärdienst ein, aus dem er jedoch desertierte. Wegen verschiedener Delikte wurde er zu lebenslanger Haft verurteilt; 1948 erwirkten mehrere Schriftsteller, darunter Sartre und Cocteau, seine Begnadigung. Diese Erlebnisse wirkten sich direkt auf das Werk aus. Die Werke Genets werden neben homosexuellen auch stark von sadomasochistischen Motiven und moralischen Um-Wertungen geprägt. Seine Theater-Vorstellungen waren ihrer Zeit voraus und wurden von Rainer Werner Fassbinder auch im Film aufgegriffen.“
Imre Kertész – Roman eines Schicksallosen
Dieter Wunderlich sagt dazu:
„Imre Kertész zeigt den Holocaust nicht als Tragödie des Judentums oder des 20. Jahrhunderts, sondern als Bankrott der christlich-europäischen Kultur. Er versucht nicht, das Grauen auszumalen, sondern er schildert den Alltag in einem Konzentrationslager aus der Sicht eines Kindes, ohne zu werten oder nach Erklärungen zu suchen. Gerade das macht den „Roman eines Schicksallosen“ zu einer erschütternden Lektüre.“
Siegfried Lenz – Schweigeminute
Auch hier muss die toughe Wiki ran:
„Im Mittelpunkt steht die außergewöhnliche Beziehung zwischen einer Lehrerin und einem Schüler. Der Leser muss sich seine eigenen Gedanken machen, ob aus den beiden Protagonisten ein Paar hätte werden können oder ob Personen (z.B. der Direktor) den beiden im Wege gestanden hätten. Lenz lässt einige weitere Fragen offen: Der Leser erfährt nicht, wie, wann und vor allem warum sie sich überhaupt ineinander verlieben.“
Katja Lange-Müller – Böse Schafe
Anne-Bitt Gerecke schrieb dazu:
„Seine beeindruckende literarische Qualität zeigt sich auch darin, daß Sojas nachgeholtes Zur-Rede-Stellen des Freundes und ihre Selbstbefragung nie in Kitsch oder Betroffenheitsprosa abgleiten. Das liegt vor allem am unsentimentalen Blick der Erzählerin auf sich selbst. Ihre eigenen Schwächen und Sehnsüchte beschreibt sie so drastisch und schnodderig-direkt, wie sie die Erfahrung der Liebe in einfühlsamen Bildern und mit existentiellem Ernst und noch immer spürbarer Leidenschaft als das für sie Entscheidende benennt, das ihr nicht mehr genommen werden kann.“
Morrissey – Autobiography
Michael Pilz sieht das so:
„Worauf alle Welt gewartet hat, sind Einblicke in Morrisseys Geschlechtsleben. Hier wären sie: Als Knabe mochte er Motorräder lieber als Mädchen. Als er 13 war, verliebte er sich auf den ersten Blick in eine Frau, den androgynen Schlagzeuger der New York Dolls. Mit 35 habe er sich erstmals unsterblich verliebt, in einen Fotografen, dessen tätowierte Unterlippe Morrissey mit Hingabe beschreibt. „Zum ersten Mal in meinem Leben wird das Ich zum Wir.“ Es folgte eine Frau, mit der er um ein Haar „ein kleines Monster“ in die untergehende Welt gesetzt hätte.“
Wenn mein Sohn sein Rhodes-Stipendium in Oxford beginnt, werde ich hoffentlich mit den Büchern durch sein. Also, bitte vorher keine Stöckchen mehr, Herr Decker.

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