Pünktchen ohne Anton – Kurzkritiken zu aktuellen Tonträgern

Bajofondo-PresenteBajofondo sind das Rondò Veneziano des Tango. Ihre an Tradition orientierte Tanzmusik hat das Erbe der Weltmusik geplündert. Exotik entsteht in Modigliani-Cafes, das Tanzhaus ist so weltoffen wie das Straßenfest in Radevormwald. Ein Latin-Grammygewinner kann nicht lügen. Elektronische Elemente machen den Reigen für nach Alternativen suchende Piazzolla-Hörer interessant. Die Streicherarrangements sind von cineastischer Opulenz. Presente ist Neo-Tango für den uncoolen Hipster.
3/10
illion - UBUThom Yorke muss sich keine Sorgen machen. illion, Tokyos Antwort auf Radiohead hat zwar ein soundtechnisch hochwertiges Album produziert, dessen Herkunft man musikalisch nicht zu bestimmen vermag und doch verliert sich Yojiro Noda in seiner Kreativität. Der Poprock-Entwurf biedert sich beim ESC an. Europa braucht nicht noch mehr Trommeln, auch keine aus Japan. Noda wird immer dann interessant, wenn er das Piano in den Vordergrund rückt und den Song Song sein lässt. In Japan ein Star, von mir aus, doch auf Albumlänge für mich nur ein Popper mit zu viel Zeit.
2/10
BibioBibio ist der salonfähigste Afterhour-Musiker aus dem Hause Warp. Sein Schnarchie-Indietronic verzaubert noch jede Handtaschentänzerin. Schön sind diese Gitarrengriffbrett-Rutschereien schon und doch wird man das Gefühl nicht los, dass Savath & Savalas schon alles gesagt haben. Bibio eigentlich auch, denn es ist ja kein Debüt. Die gesungenen Nummern sind öde. Spannend wird es, wenn Bibio Störgeräusche und Cut-Ups unterjubelt. Leider zu selten.

4/10
Billy BraggBilly Bragg macht den Altherren-Guthrie und hat einige hübsche Songs im Gepäck. Auf Albumlänge geht das Konzept nicht ganz auf, doch die jugendliche Bragg-Stimme versprüht so viel Nostalgie, dass man ihm vieles verzeiht. Die Aufnahmen mit Wilco waren besser, dennoch reicht es für ein wenig mehr als Mittelmaß. Ich würde mir wünschen, dass er die Muckerband in den Keller schickt und alleine mit seiner Gitarre Songs vorträgt. Wünschen darf man doch noch, oder?
6/10
Owiny Sigoma BandDie Owiny Sigoma Band hat sich zum Ziel gesetzt, den Sound Ost-Afrikas mit englischer Electronica zu paaren. Dafür reisten die kenianischen Musiker Joseph Nyamungu und Charles Owoko nach London. Ein beatlastiges Worldmusic-Album ist entstanden, dass sich nicht scheut urban zu klingen. Manch straight tightes Ungetüm schiebt sich auf die sandige Tanzfläche. Im besten Sinne kann man hier von Fusion sprechen. Die Afrikaner nehmen das Heft in die Hand und nutzen die funky Fähigkeiten ihrer europäischen Mitstreiter. Hohes Tempo und schöne Kurven. Power Punch ist ein dynamisches Album, dass zu begeistern weiß. Owiny Techno für Jam-Session-Freunde, die dem Open-Mic noch eine Chance geben. 7/10

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