Aaron Neville – My True Story

Auch wenn das Tattoo auf der Wange langsam verblasst, die Stimme bleibt zeitlos. Aaron Neville hat diese Magie in seinen Stimmbändern, die man wohl nur in die Wiege gelegt bekommt und sich nicht antrainieren kann. Wunderbar warm, alterslos und leicht kehlig zugeschnürt. Wie gemacht für ein Retro-Album, wie es My True Story eines ist.
Keith Richards setzte sich in den Produzentensessel, ließ es sich aber auch nicht nehmen, seine Fingerchen über Holz gleiten zu lassen. Neben ihm war auch noch Platz für Urgestein Don Was. Blue Note braucht Künstler wie Neville. Am Puls der Zeit mit Blick in den Rückspiegel. Was kann da noch schief gehen?
Die Songs sind altbekannte Doo Wop-Klassiker, die hier frisch aus der Muckerstube kommen. Aaron Neville beweist abermals, dass er es noch kann. Er vertont den Soundtrack seiner Jugend mit so viel Herzblut, dass einem der Kopf rauscht. Seine Phrasierungen und Endungen sind so zuckrig, dass man ständig Pipi in den Augen hat. Warum hört man nicht nur noch Doo Wop? Warum benötigen wir all diesen anderen Quatsch? Vielleicht weil man sonst nicht lange leben würde. Mit einem verklebten Herzen ist nicht zu spaßen.

Aaron Neville – My True Story

Be My Baby von den Ronettes hat man schon tausendmal gehört. Vom Schützenfest über Castingshows bis in die Konferenzräume deiner Volksbank. Doch Neville schafft auch das. Die Sonne geht auf und das Kreuz auf Nevilles Wange bekommt neues Puder. Oder ist es ein Schwert? Seine „Rock’N’Roll-Band“ als Unterstützung spielt dezent mit und lässt Aaron einfach laufen. Eine große Session, die keinen Schnickschnack braucht. My True Story ist für den Tanztee, für den grauen Alltag, für die einsame Insel und für den Schwiegermutterbesuch geeignet. Herrlich altbacken und harmlos. Toll.

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