Scott Walker ist im Mittelalter angekommen. Er setzt seine Choräle ungefragt in Szene. Ist er ein Minne? Da scheppert mal ein Industrial-Beat als Standbild über die Bildfläche, mal gibt es ein Gitarrenriff aus der Danzig/Satan-Ecke. Der Mond wird angeheult. Scott Walker lässt jede Hostie hart werden.
Für jede noch so abstruse Überraschung ist der Mann zu haben. Ob Weltmusik mit Grillengezirpe, wüstes Proberaum-Geslashe oder Avantgarde-Krach; niemand auf dieser Welt kann diesen Auswürfen folgen. Drones aus hundertausend Sägewerken haben auch schon Angst und quietschen eingeschüchtert auf halber Flamme. Scott Walker ist der Teufel. Walker singt in seinem Kopf. Er vibriert eigentlich nur noch.
Seine Stimme rutscht ins hibbelige Pathos eines Predigers. Die Fabrik wird eingerissen, die Ballettschläppchen gegen Stahlkappen-Stiefel eingetauscht. Hurz. Der Weihnachts-Song The Day The „Conductor“ Died (An Xmas Song) lässt die Tanne nadeln. Jingle Bells für Nahtoderfahrene.
Walker bietet das Gegenteil von Unterhaltungsmusik an. Doch was will er? Hat er etwas zu erzählen? Glaubt er an irgendetwas? Ist er der Messias? Ihm ist die mutigste, aber auch unhörbarste Aufnahme 2012 gelungen. Glückwunsch. Ob das reicht? Bish Bosch ist eine Oper über den Versuch über alle Grenzen hinaus individuell zu sein. Bish Bosch ist ein Musical ohne Rollschuhe oder Lianen. Bish Bosch ist ein Regentanz oder der Exorzismus am Kunstbetrieb. Die Messer werden gewetzt. Alle werden verlieren. Scott Walker löst sich auf. Er flimmert am Horizont. Weihrauch auf mein Haupt. Ich verstehe Scott Walker nicht.