Wie minimalistisch muss Filmmusik sein, um nicht von dem Geschehen auf der Leinwand abzulenken? Simple beinhaltet eine Auswahl von Chauveaus Stücken, die er zwischen 1998-2010 für diverse Filme komponiert hat und beantwortet diese Frage bewusst nicht.
Sylvain zieht die Ruhe vor. Wie schon auf der schönen Smog/Bill Callahan-Coverplatte mit Stephan Mathieu zeigt er, dass er ein Händchen für Konzepte und Dramaturgie hat. 18 Stücke in vierzig Minuten gibt es nun zu bestaunen. Sind es überhaupt Stücke?
Streicher schmeicheln böse. Dunkle Drones ziehen den Cineasten oder Tanztheater-Freund in seinen Bann. Verschiedene Timbres werden angeschlagen. Das Klavier ist der Ausgangspunkt. Wie eine Achse des Bösen strahlt sogar eine Gitarrenspur in die Melancholie der Präsentation. Musiktheoretiker werden das schnell mit dem Ambient-Stempel belegen, doch Sylvain will mehr sein. Ihn interessieren Tragik, Atmosphäre und Schlichtheit. Skizzen reißen nur ein neues Zeitfenster auf. Er möchte nicht berieseln; ebenbürtig möchte er neben den laufenden Bildern stehen können. Raus aus der Score-Ecke und den puffigen Retro-Kinosesseln. Aus schlicht wird pompös. Ein 40-köpfiges Orchester holt zur Aufmerksamkeitsschleuder aus.
Aus der Tristesse des immer dahinterstehenden Filmkomponisten macht Sylvain eine Tugend, ohne sich anzubiedern, wie es gerne bei Komponisten wie Yann Tiersen passiert. Chauveau bietet 40 Minuten voller Höhepunkte, die kein inneres Auge benötigen. Intensive Reisen durch komplexe Dunkelheit. Chapeau!