Aus einem Keuchen wird ein Loop. Aus Touch wird Numb oder sogar Dumb? Aus der Hörgewohnheit solcher Strukturen einer Produktion resultiert manchmal ein Gefühl des Unbehagens, ein Gefühl des Erinnerns, ein Gefühl des Verschmelzens mit der Materie. Stott lässt das kalt.
Aus einer kurzen Berührung werden Hochzeitstische bei Galeria Kaufhof. Unnützes wird darauf gestapelt. Was benötigt man zum Leben? Andy Stott zieht durch dunkle Fabrikhallen, die noch kurz vor dem Luxusumbau stehen. Schwammwände lassen einen ständig erschaudern. Hier wollt ihr leben? Hier soll die Upperclass im Kimono flanieren? In dieser Kälte mischt Stott ein drahtiges Etwas zusammen, das mit einer gewissen Retrohaftigkeit und Härte changiert, aber durch den engelsgleichen Einsatz von Alison Skidmore fast romantisch anmutet. Skidmore kann dem Ganzen etwas Erhabendes schenken. Sie weicht Beton auf. Auch klingt sie wie ein Geist, der sich im Gemäuer verirrt hat. Dort lebt auch Ofra Haza seit zwölf Jahren. Sie hat Skidmore viel gelehrt. Ist Weltmusik eigentlich tot?
Stotts Maschine läuft dagegen stur an. Er bleibt hart, obwohl sich die Stimme so aufbäumt. Bass-Musik für den Abend, an dem du die Ketten rausholst, um mal wieder Fesselspiele zu zelebrieren. Im Nebenraum dreht sich das alte Grammophon einen Wolf. Präzise webt Stott Romantik, Zärtlichkeit, Liebe und Besinnlichkeit zu einem Teppich, der auch in Lagerhallen ein wenig Wärme spendet. Vielleicht sind nicht alle Loops der Bringer, doch mit der stoischen Penetranz des Vortrags, bleiben unwillkürlich viele Fetzen hängen.
Stott ist ein voluminöses Industrial-Album gelungen, das sein Traditionsbewusstsein ernst nimmt. Kompetent und interessant. Wer jetzt hier die Klavierlehrerinnen-Geschichte vermisst, der hat zu viel Tinto Brass gesehen.