Gaby Moreno – Illustrated Songs

Gaby Moreno hat den Blues. Sie entdeckte ihn als 14-Jährige bei einem Urlaubsaufenthalt in den Straßen New Yorks. Zurück in Guatemala, begann sie alles einzuatmen, was Robert Johnson oder B.B. King so von sich gaben. Nina Simone sollte folgen. Mit 19 zog sie dann nach Los Angeles. So viel zur Geschichte.
Das neue Album wechselt die Genres wie die Sprachen. Mal Englisch, mal Spanisch, mal 20er, mal 30er Jahre oder Música tropical. Ihr Hang zum Blues bleibt zum Glück etwas auf der Strecke, denn da muckt sie doch zu rockig in der Etheridge-Etage. Die rauchigen Cabaret-Schieber mit allerhand Begleitinstrumenten stehen ihr viel besser. Auch die Bossa Nova-Nummern sind schön arrangiert. Ihre Stimme schwankt zwischen großer Dame im Zirkus und verhuschter Kleinkünstlerin in einem Hinterzimmer. Das macht sie wirklich toll.

Ragtime geht ihr locker von der Hand. Eine Hammondorgel umspielt klassisch ihre gut durchdachten Kompositionen. Sanfte Streicher schmiegen sich um Bläser, die das Kopfkino anwerfen. Moreno ist dann am stärksten, wenn sie den Blues/Rock aufs Abstellgleis stellt, sich der Welt öffnet und in spanischer Sprache etwas Wind in altbackene Hawaii-Gitarren pustet. Mit nun 30 Jahren ist sie wohl endgültig in der amtlichen Musikwelt angekommen. Illustrated Songs erzählt in vielen Farben kleine Geschichten. Wer sich darauf einlässt und die zwei rockigen Ausfälle verkraftet, wird mit einem schlüssigen, musikalischen Album belohnt, das auf alt macht und den Duft brennenden Zelluloids in die Nasen versprüht, aber irgendwie trotzdem am Puls der Zeit kratzt. Der Dia-Abend deines Vaters ist gerettet. Zumindest, was die Musik angeht.

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