Du planst den großen Karaoke-Auftritt in der asiatischen Bar um die Ecke. Du willst es allen zeigen, gerade den Girls, die mit dir in einer großen Runde sitzen und nur der verstorbenen Whitney Houston ihre Ehre erweisen. Mit einigen von ihnen warst du mal zusammen oder hast eine Nacht mit ihnen verbracht. Eine Entschuldigung wäre heute mal angebracht.
Zu Hause hast du seit Wochen diesen einen Song geübt. To All the Girls I’ve Loved Before! Den kennen viele am Tisch eher nicht, doch dir geht es um den Text und deine Interpretation. Du hattest zwei Versionen zum trainieren. Einmal das Original und einmal die noch schmierigere Version von Julio Iglesias. Du versuchst seit geraumer Zeit, eine wilde Mischung aus beiden zu kreieren, ohne den Anteil von Willie Nelson.
„To all the girls who shared my life
Who now are someone else’s wives
I’m glad they came along
I dedicate this song
To all the girls I’ve loved before.“
Du brauchst erst mal einen Drink. Der Pomme d’Amour könnte dich fitspritzen. Die Barfrau mischt 2 cl Calvados, 1 cl Cointreau und 1 cl Erdbeerlikör. Danach gießt sie einfach teuren Champagner auf. Augenblicklich wirst du zur Liebesmaschine, zum Gockel und Schnulzensänger. Deine Version hat nun Hand und Fuß. Jetzt geht es raus! Nein, erst mal noch einen!
Leider findest du den Song nicht im Inhaltsverzeichnis des Karaoke-Buchs. Was nun? Die Mädels und die Jungs, die immer nur Robbie Williams singen, warten ganz gespannt. Du kannst nur diesen Song. Mehr hast du einfach nicht vorbereitet. Warum auch? „I Will Survive“ willst du nicht. Du denkst über eine A-Capella-Version nach. Den Text müsstest du drauf haben. Du schreitest zum Mikro und bittest den Laden, ganz leise zu sein. Deine Stimme zittert.
„To all the girls I’ve loved before
Who travelled in and out my door
I’m glad they came along
I dedicate this song
To all the girls I’ve loved before.“
Einige der Frauen weinen. Die Männer sitzen nur da und suchen sich einen neuen Song im Buch aus, denn Robbie wird das nicht toppen können. Jetzt bist du wie im Rausch.
„The winds of change are always blowing
And every time I try to stay
The winds of change continue blowing
And they just carry me away.“
Als du dich in die letzten Strophen flüchtest, um nun die anwesenden Männer anzusingen, merkst du wie deine Beine nachgeben.
„To all the girls we’ve loved before
Who travelled in and out our doors
We’re glad they came along
We dedicate this song
To all the girls we’ve loved before.“
Erst als du das Riechsalz in deiner Nasenscheidewand spürst, bist du wieder klar. Gut, dass in solchen Bars immer so viele Ärzte rumhängen. Am nächsten Tag hast du 15 neue Freundschaftsanfragen auf Facebook. Leider nur Jungs!