„They hold no quarter. They ask no quarter.
The pain, the pain without quarter.
They ask no quarter.
The dogs of doom are howling more!“
(Led Zeppelin, 1973)
Das Unbekannte hat sich seit „Mask Talk“ gewandelt. Aus einer nicht näher bestimmten nächtlichen Dunkelheit ist nun eine neue obskure Situation entstanden, die nur auf den ersten Blick der Atmosphäre des Vorgänger-Albums zu gleichen scheint. Die nächtlichen Wolken haben sich verzogen. Aber der Wind, der ist geblieben. Tatsächlich sind die spannungsgeladenen Abgründe nun bei weitem tiefer, die dunklen Räume enger geraten.
Es ist eine Situation entstanden, in der Gestalten auftreten. Wer denken mag, das die Dinge nun klarer zu Tage treten, sieht sich getäuscht. Weithin sind keine Namen, Geschichten und Melodien in Sicht. Schon der Titel des Albums verfängt sich im obskuren Wortspiel. So scheint es nur plausibel, dass auch die Gestalten gesichtslos aus dem Sampler springen. Allein sie stellen sich mit ihren verfremdeten Stimmen vor. Es sind Abbilder, Schatten, Ausrisse, Bruchstücke in Singsang und Phrasen. Vielleicht sind sie die Schatten von etwas, was wir niemals sehen möchten. Das, was an unsere Ohren dringt, ist bedrohlich genug. Handelt es sich um Formeln der Beschwörung? Die Stimmen besprechen all das, was die Dunkelheit ohnehin schon mit sich brachte. Den Verlust von Gewissheit und Orientierung, das (Allein-) Sein in der Fremde und wie man damit klarkommt, ja letztlich sogar das Okkulte.
Das Auftauchen der Stimmen auf „Jeidem Fall“ bewirkt eine weitere Differenz zu Tolouse Low Trax’ erstem Album. Die tonale Motivik zerrint. Sie dünnt aus und tritt in den Hintergrund. Die Synthesizer erzählen nicht mehr in großen Bögen, sie stützen fortan in Form von weichem Bass und gefiltertem Bordun. Um so mehr Raum ist nun für eine – fast möchte man meinen – finale Dualität von Rhythmus und manchmal archaisch anmutenden Stimmen. Und je länger die beharrlichen Rhythmen unsere faszinierten Verirrungen in Tolouse Lox Trax’ Räumen der Dunkelheit umgarnen und antreiben, desto bedrohlicher wirken diese Stimmen, auch wenn es am Ende wie bei “Conpearl Walker“ nur noch minimale vokale Partikel sind, ein Hauchen, ein Jammern ein Winseln. Ihre Wirkung erscheint um so furchtbarer; ein beeindruckender Effekt.
Mit „Jeidem Fall“, seinem insgesamt dritten Album, zeigt Kreidler-Musiker Detlef Weinrich, dass er wie sonst kaum ein zeitgenössischer Produzent elektronischer Musik in der Lage ist, abseits jeglicher Clubkultur eine sehr individuelle Handschrift tiefgründig weiter zu entwickeln.
„Jeidem Fall“ erscheint am 17.02.2012 bei Karaoke Kalk.