Welches Getränk trinkst du beim Musikhören? Gibt es vielleicht sogar Songs oder gar ganze Alben, die ohne feuchtes Beiwerk auskommen können? Mag sein, doch mich interessiert eher die Musik, die noch schöner wird, wenn du ein volles Glas in der Hand hälst. Die neue Reihe „Musik à la carte“ wird sich mit Klassikern der Musikgeschichte beschäftigen, aber auch mit skurrillen, sowie obskuren Musikstücken, die eine längere Testphase durchlaufen mussten, um das passende Getränk zu finden.
Desire macht Durst. Das Schlagzeug am Anfang lässt dich warten. Einen kurzen Moment lang denkst du an Michael Jackson. Der Loop-Sync-Beat ist so stoisch, dass du nicht mehr weißt, was du trinken sollst. Willst du überhaupt was trinken? Dein Mund ist trocken. Doch, doch, du brauchst was. „You’re gone. And Babe that’s a good thing. I’m still here. And looking for something. To come along, to come along. I know, I know. We both say the same things.“ Wahnsinn! In einer Rutsche ist dieser Song zu Hause. Am Ende ist man verblüfft und man muss es noch mal hören. Man wird in alte Zeiten zurückgeworfen. Eine Hookline aus deinen Träumen verwandelt deinen Tag. Du fährst erstmal los. Dein Würfelzucker ist ausgegangen. Jetzt brauchst du einen Champagner-Cocktail. Einen Klassiker.
Mit Tränen in den Augen stehst du an der Supermarkt-Kasse; in deinem Einkaufswagen sind nur Würfelzucker und Angostura-Bitter. Champagner hast du für alle Fälle immer zu Hause. Auch die Zitrone, die du benötigst, liegt immer griffbereit im Obstkörbchen. Hier noch mal alles zum „Andenkühlschrankpinnen“:
• Champagner Brut
• 1 Stück Würfelzucker
• etwas Angostura-Bitter und
• 1 Stück Zitronenschale.
Du läufst als erstes zur Stereoanlage im Wohnzimmer. Desire klappert erneut atemberaubend.
Nun tränkst du ein Stück Würfelzucker mit „Angostura Bitter“, einem flüssigem Bitterstoff, der neben Chinarinde auch Ingwer, Zimt, Kardamom, Nelken, Bitterpomeranzenschale, Macis und Sandelholz enthält. Drei oder vier Tropfen Angostura Bitter sind völlig ausreichend. Wer eine Vorliebe für Bitteres hat, kann ein oder zwei Tropfen mehr verwenden, doch ist nicht „Don’t Call“ schon bitter genug? Diese Prozedur erinnert dich an deine Schluckimpfung. Auch da hast du bitterlich geweint. Deine Mutter tröstete dich mit einem neuen Playmobil-Männchen. Ach, du schwelgst in der Vergangenheit. „I don’t care, I don’t care about winning. So don’t call, don’t call to talk about nothing.“
Dann gibst du endlich den getränkten Würfelzucker in ein hohes Champagnerglas und füllst dieses mit sehr gut gekühltem Champagner auf. Danach spritzt man das Getränk mit einem Stückchen Zitronenschale ab (damit ist das Knicken und Ausdrücken der Schale direkt über dem Sektglas gemeint), wobei hoch aromatische ätherische Öle frei gesetzt werden, die dem Cocktail ein besonderes Aroma verleihen. Es riecht nach Erkältungsbad. Ja, du bist krank. Liebeskrank!
Du setzt dich und schlürfst. Deine Tränen machen den Drink noch bitterer. Hoffentlich ruft sie an, denn du wirst es auf keinen Fall tun. Du weißt, dass du wohl noch einmal raus musst, denn auf einer Champagner-Flasche kann man nicht stehen. Teurer Spaß!