Kate Bush wirft sich in den Schnee; sie holt Schneehaufen mit bloßen Händen in ihr Haus und beobachtet sie beim Schmilzen. Nebenbei läuft ein Klavier heiß. Stephen Fry schaut auf fünfzig Worte vorbei, er erfindet einfach Namen und Wörter für Schnee. Das klingt alles ziemlich anstrengend und ist es auch.
Bush-Nebenbeihörer, die auf 80er-Parties schrill jubeln, wenn Kates‘ Stimme aus den Boxen strömt und Ausdruckstanz bevorzugen, werden sich abwenden und auf Trödelmärkten weiter die Hounds Of Love-Scheibe kaufen. Vielleicht werden sie auch von der Single „Wild Man“ geblendet, die noch am ehesten einen klaren Drive vorweisen kann. Dies wird Kate Bush nicht stören, sie will als Künstlerin ernst genommen werden. Altlasten finanzieren ihren Lebensstil.
Ihre neue Schnee-Platte hat das Zeug zum Experiment, da kann auch der begnadete Elton John nicht genug Pop versprühen. Hier regiert Königin Bush, die mit Schal und Feenstimme einen Entwurf abliefert, der in seiner Länge schon herausfordert. Sieben Songs, die bis über die 13 Minuten-Marke reichen, straucheln durch den schmilzenden Schnee. Gäste tauchen auf. Das Klavier trägt die Stücke, die sich Zeit lassen. Manchmal erinnert das an Talk Talk, manchmal aber auch an einen Operettenauftritt der Nachbarstochter. Ob das Konzept aufgegangen ist, kann und darf ich nicht beurteilen. Ich bleibe am Ende etwas ratlos zurück. Ich habe den Spannungsbogen verpasst, falls es einen gab. Der Schneemann sticht dir beim Küssen mit seiner Möhren-Nase die Augen aus. Bush liefert ihr „Weißes Album“ ab. Keine Weihnachtsplatte, kein Wintermärchen und keinen Iglu-Rave. Alles tropft. Bei Kate ist nun eine große Lache im Wohnzimmer. Wer wischt das auf?