Jahrgangsgeräusche hat sich zur Beantwortung dieser Frage GastautorInnen eingeladen, die ohne Reglementierungen ihre Beiträge einreichen konnten und auch weiterhin noch können. Schön zu sehen, wie unterschiedlich sie das bewerkstelligen.
Menschenkind aus Dresden ist umtriebig im Internet. Hier findest du alles, was Menschenkind so von sich gibt. Wir sagen nur Zivilisationslärm.
Natürlich wusste ich, wo mein Vater seine Schallplatten vor uns Kindern versteckte. Genau so, wie jedes Kind schon im November weiß, was der Weihnachtsmann im Kleiderschrank seiner Eltern für das kommende Fest deponiert hat. Ich wusste nur nicht, wie man die Platten dazu überreden könnte, ihren Inhalt wiederzugeben. Darum waren die Beatles lange Zeit nur ein kryptischer, unaussprechlicher Schriftzug für mich. Es sollte eine Dekade dauern, bis ich sie zum ersten Mal hörte.
Es gab nur wenige Menschen, die sich 2003 noch für den Koreakrieg oder Studentenaufstände interessierten. Eigentlich nur Spätkommunisten, Jungrevolutionäre und Alt-68er. Einer der Letzteren lebte zu dieser Zeit in der schwäbischen Provinz, äußerlich angepasst, mit lockerer Jeans, 3-Wochen-Bart, Pullover über dem Hemd und rebellisch zerzaustem, graumeliertem Haar. Wenn er von Korea oder Demonstrationen erzählte, hörte niemand zu. Niemand, außer einem gerade 14-jährigen Schüler, der von den Ideen seines Musiklehrers fasziniert war und exklusiv für seinen Unterricht ein halbstündiges Referat über Martin Luther King schrieb. Aber auch 2003 sollten es nicht die Beatles selbst sein, die ich hörte. Stattdessen schmetterte der Musiklehrer enthusiastisch All you need is love und Imagine auf dem Klavier, wobei man stets das Gefühl hatte, die Texte würden geradezu aus seiner Seele sprudeln. Er hatte uns viel von den Pilzköpfen erzählt, von der Euphorie und Hysterie. Trotzdem hütete er sie stets wie seinen persönlichen Gral. Keine Videos, keine Audioaufnahmen.
Letztendlich kenne ich die Beatles kaum. Man hat mich zum Meta-Fan erzogen. Die einzigen Lieder, die ich von ihnen je gehört habe, liefen in Kneipen, auf Partys oder als Hintergrundbeschallung. Bis heute sind die Beatles ein Mysterium für mich, eine Gnosis, die offen vor mir ausgebreitet und diskutiert wurde, weil ich sie ohnehin nicht verstehen würde. Ich kenne ihre Texte und weiß, was über den Song Lucy in the Sky with Diamonds spekuliert wird. Wahrscheinlich muss ich aber darauf warten, dass mein Vater mir irgendwann einmal seine Plattensammlung vererbt, um meine persönliche kleine Beatlesmania erleben zu dürfen.
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Ganz offensichtlich meint der Autor in diesem Kontext den Vietnamkrieg, nicht Korea. Das ist für den Text aber sicher recht unerheblich, man mag ihm das – und die diversen Tippfehler – also verzeihen. Ansonsten ganz nett.
@bleh Nicht stänkern! Helfen! Bei den Tippfehlern zum Beispiel…