In der Schwitzhütte Molotow in Hamburg ist noch ein wenig Platz. Cults sind zwar schon in aller Munde, Musikblogs haben sie hochgejubelt, doch so richtig angekommen, scheinen sie auch noch nicht zu sein. Vielleicht passt hier mal endlich das Wort Geheimtipp.
Nach der unnötigen lokalen Vorband, die sich an Indie-Rock auf Schülerbandniveau versuchte, wird es vor der Bühne enger. Die Mädchen mit ihren coolen Stoffbeuteln drängen sich nach vorne. Die Jungs machen auf Musikpolizei und graben ihre Hände in ihre Chinos. Gesprächsfetzen eröffnen das Konzert. Verhallte Gitarren, die so hoch klingen, als wären es Geigen, die in grauen Wolken hängen, scheppern munter drauf los. Auch Madeline Follins Gesang gleicht eher einer Ansage im Grand Central als einer stimmlichen Darbietung. Das Molotow wird zum Badezimmer oder Hallenbad mit Sprungturm.
Alles macht auf verhuscht. Cults spielen ihre Platte fix runter. Die Band gibt sich zurückhaltend, nur einmal zeigt der Schlagzeuger, dass es auch mit etwas Druck gehen könnte. Ansonsten bleiben auch er und seine Snare mit einem Handtuch umwickelt. Die frühen Sechziger wehen durch den Club. Follin wiegt sich sanft in den klaren Gitarrenakkorden ihres Partners Brian Oblivion. Sie ist mehr mit dem Träger ihres BHs beschäftigt, als sich um ihr Charisma zu scheren. Oder ist es genau das? Hinterher werden Menschen sagen, wie süß sie doch aussah. Teilnahmslos trifft es da eher.
Hits gibt es ja, doch einige Parts versenden sich. Lo-Fi nennt man das, andere sagen so was Schlimmes wie Bedroom-Pop. Singalongs reihen sich in das Set, genauso wie etwas angezogene Midtempo-Heuler. Ein Duett wird zum schönsten Song des Abends. Mir kommt Paul Anka in den Sinn, wie er in einer veganen Brooklyner-Suppenküche die Schälchen spült.
Der Sound bleibt undicht und so tröpfeln die Songs über die Bühne. Das Glockenspiel wird zum tragenden Element. Schrill klimpert es über eine Gummi-Wall Of Sound. Das Internet hat Cults bekannt gemacht, könnte sie aber auch bald wieder verschlucken. Beim Sommer-Hit „Go Outside“ kommt kurz Stimmung auf. Teen-Music ist wohl die noch bessere Schublade. Die Girl-Groups der Sechziger werden gehuldigt, doch wenn man unter die Bettdecke kriecht, kann man mit etwas Glück die Texte verstehen. Das ist alles nicht so spaßig oder sonnig, wie es klingt. Viel Frust und Melodramatik sind in den Worten versteckt. Davon ist im Molotow nichts zu hören. Follins Stimme kreischt an den Hörern vorbei, klatscht gegen die Theke und kommt als Säuseln zurück. Nach knapp 35 Minuten verschwinden Cults schnell wieder, da können die Hamburger Hipster noch so lange We Want More klatschen. Der Schulausflug ist zu Ende. Cults stecken noch in den Kinderschuhen, wenn sie bald die Kassette an der richtigen Stelle umdrehen, könnte noch was Großes passieren.