Jim O’Rourke – Old News No. 5

Pastorale Drones gehen ihren Weg. Durch den Laptop, durch die Filter und durch kleine Röhrchen. Vorher wurde aber das Wort ANALOG groß geschrieben. Tapes sind wieder was. Modulare Schnörkel schieben sich in Höhen. Fahnen werden gehisst, da kann schon mal das Gefühl entstehen, das Ende zu sehen. Ein Ende, das in 15 Minuten dein Gehör für Unkonkretes schärft.
Jim O’Rourke bietet auf Old News No.5 Chaos an, das sich verdichtet und durch Flora und Fauna fährt. Die erste Aufnahme entstand in Tokyo 2010. Die Studio- und Liveaufnahmen der Doppel-LP nehmen sich den Platz, den sie brauchen. O’Rourke durchforstet sein Archiv. Er lässt uns teilhaben an seiner Vision von Avantgarde.
„Pedal & Pedal“ drückt sich in die Magengrube und hinterlässt Grübchen. Wie ein Gewitter zieht der Track auf, nimmt ein paar Häuser mit, lässt Wasser ab und zerschellt am Ende in Blubbern. Ein Anfang kann ein Finale sein.
Der zweite Track geht in den Maschinenraum. Schwere Schrauben lösen sich aus den Löchern. Dübel werden mit den Händen in die Wand gedreht. Metal zieht sich in die Haut zurück. Die Erde wackelt. Die Aufnahme von 1992, die Zeit, in der O’Rourke noch in Chicago werkelte, tost ungestüm in Melodien. Eine Stimme taucht wie ein Gespenst durch den Werkkeller. Die Drehbank zieht sich 20 Minuten in die Länge. Kreuzschraubenzieher suchen Liebe und finden nur Tiefseehügel. Rost setzt an.
Track 3 zieht sich wieder nach Tokyo zurück. Ruhe ist eingekehrt. Das Studio dient als Experimentierfläche. Ein Modem sagt dem anderen Gute Nacht. Ein Kuss in Space. Ein letzter Atemzug durch den Raumfahrtanzug. Wenn die Sonne brennt, dann bleibt dir nur noch das Gesicht von Richard Kiel in Moonraker.
Der letzte Track auf Old News No.5, das nur auf Vinyl erscheint, knattert noch mal wild. Regler werden aufgezogen. Zahnarzttermine werden abgesagt. Das Lasercasino am Rande der Stadt hat heute Tag der offenen Tür. Ein Pfeifen lässt dich von den Monitoren aufschauen. Ist das in meinem Kopf? Ein Dampfer? Eine Dampfmaschine? Eine gerade Melodie bleibt auf der Mittelspur. Ein Hupen kann auch sie nicht verdrängen. Man muss wohl auffahren.
Jim O’Rourke bleibt sich treu. Er fährt weiter blind auf der Autobahn und mutet uns und sich eine Menge zu. Nicht immer einfach, doch konsequent. Wer die Namen Keith Fullerton Whitman oder Bee Mask noch nie gehört hat, sollte nun mal seine Suchmaschine anwerfen. Old News No.6 erscheint Ende August. Bin gespannt…

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