Woher kennst du eigentlich die Beatles? Andreas Resch gibt Antwort.

Jahrgangsgeräusche hat sich zur Beantwortung dieser Frage GastautorInnen eingeladen, die ohne Reglementierungen ihre Beiträge einreichen konnten und auch weiterhin noch können. Schön zu sehen, wie unterschiedlich sie das bewerkstelligen.

Heute mit Andreas Resch. Er ist Komponist und Sounddesigner, Absolvent der Robert-Schumann-Hochschule, lebt und arbeitet in Düsseldorf. Andreas ist an verschiedenen musikalischen Projekten beteiligt, u.a. bei dem Glitch-Pop-Duo Stereoplasma. Sein letztes Album Beta Version erschien in Japan. Der Track One Man Crew aus diesem Album wurde von John Woo (Mission Impossible 2) in dessen Film Appleseed Ex Machina verwendet.
Die Beatles drängten sich Mitte der 70er Jahre erstmals mit voller Wucht in mein Bewusstsein, als mein Sandkastenfreund zwei Vinyl-Doppelalben anschleppte: das rote und das blaue Album der Band. Ich wusste natürlich davor auch schon, wer die Beatles waren. Das wusste auf unerklärliche Weise jeder, als wäre dieser Begriff auf immer im kollektiven Bootsektor der Menschheit eingebrannt. Aber mein Wissen über die Beatles war bis dahin eher unspezifisch und verzerrt, wohl weil ältere Dorfbewohner den Begriff „Beatle” eher abfällig verwendeten, um Mitmenschen mit langen Haaren zu charakterisieren.
Mein besagter Sandkastenfreund, der über das begehrenswerte Privileg eines älteren Bruders mit Plattensammlung verfügte, kam also eines Tages mit diesen Scheiben der Beatles bei mir an und veränderte kurzerhand mein Leben. Diese beiden Doppel-Alben versinnbildlichten für mich eine Art Evolution der Popmusik: auf der A-Seite des roten Albums beginnt es mit simpel gestrickter Beatmusik, und endet auf dem blauen Album mit komplexen Pop-Juwelen und ganz großem Orchester. Analog dazu auch die Cover: zuerst vier jüngere Männer, adrett und mit kurzen Haaren, dann vier um einige Jahre gealterte Herren mit deutlich längeren Haaren. Ich war einige Zeit naiv genug zu glauben, dass das alles war, was von den Beatles an Vinyl zu bekommen sei, bis mir jemand auf dem Schulhof verstohlen zuraunte: „Es gibt nicht nur ein rotes und ein blaues Album, es gibt auch ein weißes Album”. Von da an gab es kein Halten mehr und der Beatles-Kosmos wollte von mir bis in die letzten Winkel erschlossen werden.
Über die Jahre, und mit dem Fortschreiten meiner eigenen musikalischen Entwicklung, verblasste der Einfluss der Beatles auf mich, gab es doch neues und unerforschtes musikalisches Terrain zu ergründen. Es mag sogar sein, dass die Beatles bei mir für einige Zeit ganz in Vergessenheit geraten waren, der „Beatles-Trojaner” jedoch vermochte mein kompositorisches System irgendwie zu infiltrieren und meldete sich von Zeit zu Zeit mit kleinen Einwürfen. So war es durchaus im Bereich des Möglichen, dass selbst in einem abstrakten elektronischen minimal Track – Lichtjahre vom Genre der Beatles-typischen Musik entfernt – ein Sample von Ringos Snare auftauchte oder irgend ein anderes stilistisches Element, das auf die Beatles zurückzuführen war.
Die Idee, letztendlich in die Offensive zu gehen und einen „richtigen” Beatles-Track zu komponieren, kam erst spät mit dem Erscheinen von Fab Four, einem Sample Player von East West: das Instrumentarium der Beatles liebevoll in einem digitalen Instrument vereint und für jedermann zugänglich. Jetzt, da ihre Sounds zur Verfügung standen, war die Versuchung groß genug, einen eigenen durch und durch Beatles-artigen Song zu produzieren. Ich widmete den Track mit dem Arbeitstitel Honeymoon Meadow Forever, der zuerst nur in einer instrumentalen Version existierte, einem befreundeten Pärchen und überreichte ihnen zur großen Freunde eine CD-R auf deren Hochzeitsfest.
Zwei Jahre später schrieb der Kabarettist und Autor Christian Ehring einen Text zum Song mit dem Titel 19 mal verliebt. Diese Fassung mit Gesang ist heute Bestandteil des Theaterstücks „Frau der Ringe” von Proseccopack, einem weiblichen Ensemble. Nora Boeckler performt den Song als „Cora“ auf der Bühne: Sie singt ihn im Duett mit einer Leinwand, auf der – wie durch eine Zeitreise – die junge Cora als Kind erscheint und in den Song mit einstimmt.
Ich möchte euch im folgenden jedoch die Urfassung, also die instrumentale Version, vorstellen. Honeymoon Meadow Forever orientiert sich stilistisch an der blauen Phase der Beatles, als Alben wie Sgt. Pepper’s oder Magical Mystery Tour den „Summer Of Love“ einläuteten.

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