Low – C’mon

Dein Leben beginnt in Kuschelecken. Du bekommst Stofftiere ins Gesicht gedrückt und musst nachts immer das Mobilee mit Musik anstarren. Ähnlich ist es bei Low. Die wurden auch in diese Ecke mit mäandernden Gitarren gesteckt. Gefühlsmenschen mit Hang zu großen Gesten im kleinen Indie-Kinderzimmer. Bleiben wir da?
Low haben sich irgendwann einmal für das Schleichende, das Traurige, aber auch Wütende entschieden. Egal, ob das nun der Zeit entsprach. Jetzt brechen sie aus, sie reißen die Spieluhr von der Wand und drehen am Temporegler. Dass das natürlich nicht in Höllentempo ausartet, ist auch klar, doch die Songs bekommen den gewissen Schub, um aus der Kuschelecke herauszukommen. Kann mich aber auch täuschen. Beim zweiten Hören sieht das schon wieder anders aus. Täuschungsmanöver?

Luftige Melodien bekommen eine tragisch verzerrte Gitarre an die Hand. Das Schlagzeug steht in der kalten Fabrikhalle und will abgeholt werden. Liebe wird auf großen Tabletts getragen, man darf kurz gucken, aber nicht klauen. Leider, so ein E-Moll würde jedem ganz gut stehen. Alan Sparhawk und seine Frau Mimi Parker ergänzen sich wieder wunderbar mit ihren Stimmen. Jeder lässt dem anderen Platz, denn nur zusammen erzeugen sie Intensität. Alan macht schon mal den Neil Young, obwohl alles schlurft. Rücksicht ist der kleine Bruder von Nachsicht. Wohlklang trifft schneidende Feedbacks nach dem Motto: „Ein Tag, der morgens beginnt, kann nicht mehr gut werden.“
Post-Indierock oder so. Immer wenn Mimi Parker singt, bekommen die Songs das große Folkmäntelchen umgeschnallt. Die Songs reduzieren sich teilweise wundersam wie von selbst, obwohl ständig neue Instrumente hinzukommen. Das macht Low aus. Sie erhalten durch kleine Verschiebungen und Hinzufügungen eine Kraft, die durch Mark und Bein fährt. Kleine Melodien werden zu Wänden, zu Herzen, zu Schwertern. Wie ein Mantra angelegt, steigert sich „C’mon“ von Stück zu Stück, denn ohne viel von sich preiszugeben, wird tief ins Innenleben der Protagonisten geschaut. Man staunt und ist fast neidisch. So viel Liebe kann auch nicht gesund sein. Schwüre werden in den Himmel gereicht und der antwortet mit Regen. Der Langsam-Rock hat ein neues Tempo bekommen und ist immer noch unglaublich lahm. Gospel für Baumfäller und Jahresringezähler. Amtlich!

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