Der kleine Bruder macht das, was er am besten kann. Er macht auf Großmaul. Das klingt nach Langeweile. Doch Obacht, es ist wirklich überzeugend.
Nach dem zur Zeit endgültigen Aus der Stadionband Oasis will es Liam nun also wissen. Im Rücken hat er seine alten Weggefährten von Oasis, nur ohne Noel, dafür mit Jeff Wootton, den Gorillaz-Live-Bassisten. Andy Bell bekommt also zwei Saiten mehr. Alles beim Alten irgendwie. Die Musik schmiegt sich an die Hauptband der vergangenen Jahre. Was soll Liam auch sonst machen? Aber die Lust auf Musik, der Hunger ist deutlich spürbarer als bei der letzten lauwarmen Brühe der Brüder. Ja, was soll Liam machen? Er ist halt nur ein Shouter. Seine Songwriterqualitäten waren eh immer unwichtig. Bei ihm war immer der Schal wichtiger als der Song. Somit ist das Beady Eye-Projekt nur eine Weiterführung von Oasis, die aber unglaublich Laune macht. Die Songs des Debüts klauen sich alles zusammen, was die Vorzeigemods brauchen, um ihren Stil zu manifestieren. Gutes kann man nicht kaputtmachen. Lieber sollte man was Tolles kopieren, als sich in schlechtem Zwirn zu präsentieren.
Liam macht noch mehr auf John Lennon, als auf allen Aufnahmen zuvor. Auch ist die Lautstärke ein wenig nach unten gedreht worden. Steht ihnen gut. Softrock, statt Machogehabe. Das Bier schmeckt trotzdem noch. Die Kinks bekommen einen Kronenraub, Jimi Hendrix das Wah Wah gestohlen und die Blues Brothers leihen ihre Ray Bans. Different Gear, Still Speeding ist ein wahnwitziges Sammelsurium. Der John Lennon-Stimmeneffekt war noch nie so schön. Gerade die Midtempo-Nummern sind hammer. Liam fühlt sich pudelwohl in der Rolle des ausgesetzten Bruders. Zwei, drei Noten werden verändert und schon hat man ein Revival mit eigener Note. Der Parka sitz schön spack. Mädels werden zur Begrüßung erst mal angerülpst.
Dreister Klau wird hier am helllichten Tage vollzogen und mich freut das eher, als das ich mich aufrege. Die Musikpolizei fahndet zwar schon, doch Liam ist ein cleveres Kerlchen. Er ist halt auch Fan und nicht nur Musiker.
Liam singt wie noch nie zuvor. Er ist sichtlich frei. Hat ihn Noel denn immer so unter Druck gesetzt? Alles schnuppe. Das Debüt blüht bei jedem Durchgang deutlich auf. „Beatles and Stones“ ist wohl extra so frech angelegt. Schön stumpf poltern die Jungs los. Macht einfach Spaß, wer das anders sieht, hat einfach nur Bock alles niederzuschreiben oder ist Noel-Fan. Oasis waren am Ende nicht mehr frisch. Beady Eye kommen aus der Traufe und begießen das alte Blümchen mit frischem Wasser. Liam ist ein toller Frontmann. Er gibt sich ganz der Musik hin. Er bleibt die beste Lennon-Kopie. Da ist es fast egal, welchen Schal er heute trägt.
Beady Eye ist eh nur die Band, die vor der Oasis-Reunion ein paar Songs spielen darf. Mal sehen wie viele Alben noch folgen. Von mir aus kann auch Noel zurück. Schon Schlawiner diese Gallagher. We are the Mods!
Different Gear, Still Speeding erscheint bei Beady Eye (Indigo)