Nicolas Jaar legt alle Ketten ab. Er will sich befreien. Der 21-jährige New Yorker schafft sich seinen eigenen Platz. Die Clubkultur weist ihm einen Weg mit der Taschenlampe, doch Nicolas wählt den Weg der Langsam- und Sparsamkeit. Rauschende Feste sollen die Anderen feiern.
Wo ist der Beat? Am Anfang stehen Godard und Meeresrauschen. Lass mal sacken. Drehe deine Anlage leiser und horche in dich. Die Loneliness des langsamen Langstreckenläufers ist Jaars Krisengebiet. Er zerhackt den modernen House und drückt ihm sein Tempo und seine Struktur auf. Ein Becken, ein Schlagzeug-Soundcheck trifft Jazzakkorde mit gestopfter Trompete und Billie Holiday. Man ist fast überrascht, wenn dann doch ein fast straighter Beat einsetzt. Nicolas Jaar ist der Kaffehaus-Clubberer der Stunde und das soll nicht böse klingen. Obwohl dafür ist es teilweise zu unruhig. Der Klang einer Kaffemaschine hingegen könnte gut in Jaars Konzept passen. Aber Filterkaffee. Erik Satie ist ja auch nicht für Einschlafmusik bekannt, obwohl er bei vielen nur im Schlafzimmer stattfindet. Es gibt immer zwei Seiten einer Medaille. Das weiß Jaar und er nutzt den Moment des Sortierens für sich. Er entfernt sich vom Pop und so auch von langweiliger Cafe del Mar-Hippness.
Bei Nicolas Jaar rauscht die Umgebung. Wie auf einem alten Grammophon holpert die Nadel über schwarzes Vinyl. Zwischendurch wird es spooky, wenn aus der Ferne Seelen alter Instrumente ihre Stimmen erheben. Es tropft rein. Es wird feucht in Jaars Stube. Manchmal klingt das wie ein Altglas-Orchester, manchmal wie Dub aus der Attendorner Tropfsteinhöhle.
Nicolas Jaar ist ein Talent, ähnlich einem James Blake, nur das Nicolas den Blick in die Welt richtet. Er schaut auf Traditionen zurück, gibt sich weltmännisch und nicht so selbstverliebt wie Blake. Eine Wüstengitarre holt Richmans-Egyptian Reggae-Licks aus der Sammlung, stellt sie aus und lässt sie verhalten tanzen. Nicolas Jaar ist ein Meister des Plätscherns, hat aber mit Easy Listening nichts am Hut. Ein schnalzender Groove begleitet einen Autotune. Da kommen einem die französischen Textzeilen fast uncharmant vor. Schön.
Space Is Only Noise ist bei Circus Company erschienen.
his essential mix was the best of 2012!