Charles Bradley hat sich seinen Traum erhalten. Manchmal muss man halt Jahrzehnte warten, um ihn sich zu erfüllen. Nun legt er mit 62 sein Debüt vor. Er wollte immer singen, hat immer gesungen und wird es auch bei einem Flop weiterhin tun.
Die Menahan Street Band steht wie eine Wand hinter ihm. Charles hat nun die Möglichkeit, all seine Erfahrung in die Songs zu transportieren. Charles weiß, wie das geht. Er hat viel gesehen, viel erlebt. Er singt stilecht, mit großer Gefühlspalette. Sein Soul ist frisch im Retrosinne. Die Band begleitet den Sänger überall mit hin. In jede Tiefe wird gemeinsam hinabgestiegen. Charles heult und kreischt. Die Bläser umwehen Charles gewichtige Stimme. Sie spornen ihn quasi an, noch mehr aus sich rauszugehen.
Oft beginnen die Nummern schmusig, dann kommt Bradley dazu und gibt eine Power hinein, die wirklich Gänsehaut erzeugen kann. Amy Winehouse springt auf einen Zug auf. Charles Bradley ist einer. Er muss nur das Ding zum Fahren bringen. Die Chöre im Hintergrund holen die alten Klassiker aus den Flammen, verändern zwei Noten und machen so das Altbackene wieder frisch. Clever. Die neuen Stars wie Aloe Blacc sehen wirklich spießig im Vergleich mit Charles aus. Er wirkt echt und unbekümmert. Ein alter Crooner, der sich nicht um Trends schert. Wirklich bezaubernd. Er arbeitet auf der Bühne und wischt sich nicht nur den Schweiß ab.
Der Soul der 60iger ist in jeder Rille zu spüren. Eine schöne Produktion, die jedem Instrument Platz lässt, krönt das wohl treffsicherste Soulalbum des Jahres. Amtlich, was Bradley da abgeliefert hat. James Brown ist sein Vorbild. Er braucht sich nicht dahinter zu verstecken. Zwei Instrumentals zeigen, dass auch die Band ernst genommen wird und nicht nur Staffage ist. Schmerz und Leidenschaft für verschwitzte Laken. Willkommen Charles Bradley!
No Time For Dreaming erscheint bei Daptone Records