Ron Sexsmith – Long Player Late Bloomer

Gute Songwriter werden oft gesucht. Meistens sind das verhuschte Menschen, die nur in der Dunkelheit eines Studios ihre Scheu ablegen können. Auch Ron Sexsmith ist so ein Typ. Viele halten ihn für einen ganz Großen, doch der eigene Überhit ließ immer auf sich warten. Man sprach mehr über ihn, als das man ihn kaufte. Sexsmith ist ein sogenannter Geheimtipp. Leider wird er das auch mit Long Player Late Bloomer bleiben.
Dass er eine schöne Singstimme hat, ist nicht wegzudiskutieren. Dass seine Songs Hand und Fuß haben auch nicht, doch die musikalischen Pfade, die er streift sind ultraspießig. Die Umsetzung total harmlos. Fast lieblos. Bewunderer wie Elvis Costello sind da um Längen mutiger. Ron hat diese verschrobene Indie-Attitüde abgelegt. Das spacke Sakko sitzt nun besser. Treue Fans haben ihn mutiger gemacht. Das kommt dabei raus. Jetzt will er neben Elton John sitzen. Da ist bestimmt Platz, doch mir ist das zu nah am Wasser. Zu nah am Kitsch. Wie oft kommt der Refrain? Wer aus einer Paul McCartney-Produktion spielt mit?

Photo by Chris Boland
Radios werden die neuen Songs lieben, Nachtfahrten für Brummifahrer gefährlicher. Sie könnten einschlafen. Die Produktion ist zuckrig. Das klingt lecker. Schmeckt aber nicht. Jede Nische wird ausgeleuchtet. Eine Querflöte holt das Vögelchen raus. Wie ein großer Countrystar, vom Schlage eines Dwight Yoakam, versucht er dem Pop eine neue Wendung zu geben. Der Kanadier probiert auch den Pathos einer Truppe namens Keane nachzueifern. Oder ist das Zufall? Nein, andere sehen das auch so. Aber warum gerade Keane?
Hat er eigentlich gar nicht nötig. Die Songs sind gut durchdacht. Das Arrangement ist halt grässlich. Wie kann man mit seinem Talent nur so verantwortungslos umgehen? Mensch, Ron! Natürlich wird es immer wieder Jobs geben. Vielleicht Soundtrackbeiträge. Vielleicht weitere Duette mit Popstars. Am besten wäre es, er würde für andere schreiben und die nehmen dann nicht mit Muckern diese Songs auf. Ich bin sehr enttäuscht. Ron bleibt immer nett, doch wo sind die Perlen? Eine Dokumentation über ihn gibt es schon. Und nu? Mensch, Ron! Wie viele Elfmeter willst du eigentlich noch verschießen? Vielleicht ist es nicht dein Sport, nicht dein Bier. Du liebst Musik, das hört man. Manchmal reicht das nicht. Ich will dich nicht mehr hören.
Long Player Late Bloomer erscheint am 25.2.2011 auf Cooking Vinyl

0 Gedanken zu „Ron Sexsmith – Long Player Late Bloomer“

  1. Lieber Verfasser des o.a. Textes,
    die CD enthält lauter solcher Perlen, die im Text angesprochen werden. Vielleicht ist das Ganze eine Frage des Alters!
    Es ist nicht immer die neue CD eines neuen Künstler, die Perlen enthält. Hin und wieder schaffen es auch bekannte Künstler, den Hörer zu überraschen – auch wenn sie nicht dauernd die Richtung wechseln.
    MfG
    K.H.Jansen

  2. Lieber Karl-Heinz, leider schafft es Sexsmith nicht seinen Songs das Wahnsinnige und Überraschende hinzuzufügen. Man kann getrost bei den alten Platten bleiben. Es ist nicht die Frage des Alters. Egal ob des Hörers oder des Musikanten. Es ist die Frage nach dem Sinn einer Platte. Und die beantwortet Sexsmith leider nicht. Die Platte hätte er sich sparen können. Er hat nicht die Richtung gewechselt, das stimmt. Er hat aber auch nicht den Rückwärtsgang repariert. Es ist halt öde…

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