Tennis – Cape Dory

In der Männer-Umkleide riecht es nach Franzbranttwein. Die alten Oberschenkel werden so noch einmal auf jung getrimmt. Du nimmst den Holzschläger aus der Tasche. Heute willst Du Dich mal an der Gummiwand quälen. Vergiss Federer oder Nadel. Du bist der Björn Borg aus dem Stadtteil Deiner Eltern.
Während Du die ersten Bälle drischst, läuft die neue Tennis-CD in Deinem Discman. Du darfst Dich nicht all zuviel bewegen, sonst springt die CD. Tennis aus Denver lassen Deine Rückhand professionell aussehen. Deine Hüfte wird weich. Tennis machen sommerlichen Pop. Melodien stehen im Vordergrund. Wo sollten sie auch sonst stehen? Viele LaLas und UhUhs machen Dich schnell übermütig. Du kloppst einen gelben Filzball über den Begrenzungszaun. Von den alten Damen auf der Sonnenterasse gibt es dafür nur ein Raunen.

Die Orgel ist süß, die Gitarre bringt Dir ein Indoor-Feeling. Best Coast spielen in der Garage, Tennis auf Granulat. Und doch sind sich diese beiden Bands ähnlich. Tennis lieben diesen Strandsound. Ihr Spiel wird schnell zu Beachball. Der Weiße Sport wird im Bikini dargeboten. Die Eis am Stiel-Jungs sitzen auf ihren Handtüchern und warten auf die Strandschönheiten.
Patrick Riley und Alaina Moore haben unzählige Radio-Melodien im Körbchen. Unbekümmert heben sie die Songs aus dem Indie-Pop der Konkurrenz. Wo die Drums auf Mods machen, bleiben Tennis irgendwie unmodisch. Als warme Luft könnten böse Hörer die Musik bezeichnen. Nein, das wäre gemein. Tennis sind mehr als das. Die luftigen Singalongs perlen wunderbar zur Siesta-Zeit. Du füllst Deine mitgebrachte Gazpacho mit Wodka auf. Als der letzte Ball über den Zaun fliegt, gehst Du ins Clubhaus. Genug Sport für heute. Jetzt wird es Zeit, nach den Mädchen in den kurzen weißen Röcken zu schauen. Du bist enttäuscht. Alle tragen Hosen. An der Bar lässt Du Dir einen Deckel machen. Als Du nach deinem Namen gefragt wirst, sagst Du cool: „Borg, Björn Borg“. Die Thekenbedienung schreibt es auf. Innerlich drehst Du durch.
Cape Dory ist wirklich ein Highlight des anbrechenden Jahres. Wenn die Gitarre mal den Storch brät und das Schlagzeug schön shufffelt, geht die Sonne auf. Auch das Cover ist ein Hingucker. Original und Fälschung. Herrlich. Lisa Hartman sagt Danke.

Ich sage auch Danke und ziehe mein altes Polohemd an. Auf dem Weg zur Sportanlage denke ich mir einen tollen Namen aus, um auch für lau zu saufen. Im Clubhaus angekommen, bist Du schon weg. Ich setze mich trotzdem an die Theke. Als die Kellnerin nach meinem Namen fragt, antworte ich wie aus der Pistole geschossen: „Mansour Bahrami“. Hier gehe ich niemals weg.

Cape Dory erscheint am 18.1.2011 auf Fat Possum

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