Girls – Broken Dreams Club

Die nostalgischen Girls schenken uns dieses Jahr einen kleinen Happen, der mit Bändchen und Kusshand gespickt ist. Wie ein Käseigel mit Trauben.
Christopher Owens ist ein Songwritertalent. Das wissen Kenner und Fans schon länger. Owens ist aber auch ein Schlenderer. Seine Songs huschen so sanft in dein Ohr, dass es nicht ganz einfach ist, sie wieder daraus zu bekommen. Seine Gitarre bleibt auf ‚Broken Dreams Club‘ in Pickings hängen. Owens fächert dem Griffbrett Luft zu und die Saiten, fangen an zu schwingen. Alles mit einer Vintage-Attitüde. Zurück in die Zukunft mit Calexico ohne Wüstensand. Trompeten wehen von der Küste herüber. Manchmal glaubt man, Win Butler zu sehen. Wie ein verblichenes Arcade Fire-T-Shirt kommen die Songs daher. Ganz selten wird ein Song angerockt. Das war auf dem Debüt noch anders. Da wurde schon mal der Verzerrer angetreten und stumpf ein Akkord nieder gegniedelt. Jetzt wirkt alles feiner. Hier geht es mehr um den lauen Abendwind. Um das Resteficken und den Stroh-Rum.

Vielleicht ist Owens ruhiger geworden, nachdem das Debüt so gut aufgenommen wurde. Er croont wie ein Tantra-Altmeister. Die neuen Songs haben eine schwüle Ruhe in sich, dass es einen danach lechzt, schon morgens ein Bier zu köpfen. Ein kleiner Roadtrip durch sonniges Terrain. Die Haare werden zu einem Zopf gebunden. Auch der Nacken soll ein bisschen Sonne abkriegen. Ein Tremolo klingt nach Hochzeitstanz. Es ist spät geworden. Die letzten Schmuser stehen mehr, als dass sie tanzen. Die Orgel holt den Alleinunterhalter in Dir raus. Das männliche Schwanenballett liegt besoffen in der Umkleide. Jeder coole Akkord wird gefeiert, jede kleine Unsicherheit weggeschnäuzt. Ein Solo wird mit Worten angekündigt, so als müssten die Gäste extra aufpassen. Achtung Solo!
Leidenschaft ist Owens Thema. ‚Substance‘ vertreibt den Schmerz des Alleinseins mit schöner Backing Vocal. Nur ‚Carolina‘ klingt nach Dream Pop. Brian Wilson wird aufhorchen. Der Wind zerzaust Dir Dein Resthaar. Du bist mit dem Surfbrett zur Hochzeit angereist. Du schnallst es jetzt vom Auto und steigst mit der Braut in die Fluten. Der Bräutigam wird wohl für’s Erste dein bester Freund gewesen sein. Ihr knutscht in den Wellen. Owens holt seine Polaroid raus und macht einige gelbe Fotos. Die werden irgendwann an deinem Kühlschrank hängen, neben den Fanfotos von Elvis Costello. ‚Broken Dreams Club‘ ist ein schöner Nachklatsch zum Debüt. Mal sehen, was 2011 mit den Girls macht. Owens wird wohl das Sexsymbol im nächsten Jahr. Bei mir hängt er jetzt schon im Spind.

Erschienen bei Matador

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.