Duffy – Endlessly

Ob der Applaus, der am Anfang des neuen Albums von Duffy die ersten Takte untermalt, gerechtfertigt ist, bleibt zu überprüfen. Duffy hat sich Zeit gelassen. Nach dem Erfolg des Debüts und unzähligen Konzerten, ist es nicht einfach ins Studio zu gehen, um an einem Nachfolger zu feilen. Vorschusslorbeeren kann man schon mal verballern.
Wollen die Fans neue Songs, die genauso klingen, wie auf dem Doppel- Platinalbum? Muss man jetzt was wagen? Sollte man neue Einflüsse ins Songwriting fließen lassen? Duffy hat sich mit Albert Hammond zusammengetan und „Endlessly“ ist dabei herausgekommen. Duffys Stimme steht natürlich im Vordergrund. Hier geht es nicht um eine Band, sondern um eine Sängerin, und die hat nun mal zu singen. Duffy schielt auf den neuen Songs schon mal Richtung Tanzfläche. Das ist vielleicht eine Überraschung, waren doch gerade die Schnulzen das geldbringende Pferd.

Ihre Stimme dehnt das Vibrato bis zur Hochsteckfrisur, dass das Gummi platzt oder das Haarspray verpufft. Für meinen Geschmack ein bisschen too much. Manchmal quietscht Duffy sogar. Ihre Single „Well, Well, Well“ ist dafür ein Paradebeispiel. Die Roots-Rhythmussektion groovt wie Hölle hinter Duffy, doch die ist nur bemüht, affektiert kindlich zu klingen. Sexy ist das nicht. Es klingt nach Kinderkaraoke vor dem Kinderzimmerspiegel. Dabei sind die ersten vier Songs gar nicht mal so übel geraten. Auch die typischen Sixties-Kuschelballaden sind schön ausgeklügelt. Das Imagine-Piano in „Don’t Forsake Me“ lässt einen schmunzeln. Duffy holt den Teddy aus der Bettenburg und träumt von großer Liebe.
Ach Duffy! Mensch, musst du so trällern? Alles eiert. Mir wird fast übel. Musst du alles zuschleimen? Kann man nicht ernst nehmen. Tut mir leid. Mit Soul hat das so viel zu tun, wie Roger Cicero mit Swing. Fürs Auge ganz nett. Dreh den Ton weg und du sitzt in der Zeitreisemaschine. Da ist Potenzial, das spürt man. Doch Albert Hammond muss wohl zwischenzeitlich die Kopfhörer abgesetzt haben oder er war kurz draußen einen Joint rauchen. Auf jeden Fall macht Duffy auf Kiddie. Das hätte Albert verhindern müssen. Duffy säuselt nur noch. Jeder Ton bekommt einen Schlenker. Oh no.
Die Produktion ist sauber und trendy Retro. Rayban fragt sich bei dem Cover, wo denn bitteschön die Sonnenbrille ist. „Nette Songs mit unerträglicher Stimme“ müsste als Aufkleber auf die CD gepappt werden. Wo bleibt Amy Winehouse? Bei „Endlessly“ hat man Familienbilder vor Augen. Mutti ist dem Backwahn verfallen, die Kinder sitzen in Puschen am Weihnachtsbaum, während sich Vati heimlich den billigen Fusel ins Gebälk zimmert. Der Nachbar spielt den Weihnachtsmann. Frohes Fest. Auf ein Neues, Duffy!

Erschienen bei Polydor (Universal)

0 Gedanken zu „Duffy – Endlessly“

  1. Hier hat der Verfasser fachliche Kompetenz bewiesen.
    Ich muss ihm in allen Punkten Recht geben!
    Der Titel „Well,well,well“ ist einfach zum Davonlaufen!
    Doch möchte man Duffy vorher noch erwürgen…
    Sei’s drum, wer ähnlich einer berühmten Ente heißt, darf auch mal quietschen 😉

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