Take That – Progress

Robbie Williams ist zurück! Ich hatte bis vor einer Stunde noch vor, die Review mit diesem einen Satz fertigzustellen, doch ‚Progress‘ hat es wirklich verdient, eine ausführliche Besprechung zu erhalten. Take That, die letzte Boygroup der Erwachsenen kehrt mit ihrem Aushängeschild Williams zurück. Wer hätte das vor ein paar Jahren gedacht? Da war Robbie das Pop-Idol Europas und Take That in der Versenkung verschwunden. Doch Robbie schwächelte in letzter Zeit. Die Alben floppten. Lag es am Weggang von Songwriter Guy Chambers? Oder an den zu schwierigen Songs eines Stephen Duffy? Der Markt war tot, Robbie wurde dick und es tauchten nur noch Bartfotos aus Los Angeles auf. Und zakk da krochen Take That wieder unter der Bettdecke hervor. Ihr Comeback-Album schlug ein wie eine Bombe. Robbie schaute aus der Ferne zu. Neid kam auf. Nein, das ist vielleicht das falsche Wort. Wehmut trifft es besser. Robbie zweifelte und liebäugelte mit den alten verstrittenen Freunden. Die Idee zum Clou einer Rückkehr Williams war geboren, doch es dauerte noch seine Zeit.

Nun ist es also da, das Comeback-Album des Jahres. Stuart Price hatte dieses Jahr noch nicht die Schnauze voll und produzierte. Sehr gute Wahl. Ein Produzent, der seine Künstler ernst nimmt. Die Einstellung am Pult ließ er gleich stehen, nachdem die Scissor Sisters, die Killers und Kylie Minogue das Studio verließen. So ist ‚Progress‘ das beste Take That-Album aller Zeiten geworden. Ja, das muss man so sagen. Take That 2010 sind ein Brett. Kein kleines Tänzchen verstimmt die Laune. Kraftvoll und männlich kommen die Songs daher. Williams ist halt unglaublich wichtig. Den Jungs hatte dieses Spitzbübische von Williams gefehlt. Auch seine rockigen Zwischenrufe tun der als Weicheier bekannten Truppe gut. Stuart Price schenkt den Briten ein amtliches Outfit und die Jungs nutzen die gut arrangierten Stücke.
Robbie steht im Vordergrund. Klar! Doch auch Mark Owen macht eine quirlige Figur und legt sein Babyface-Image kurz auf Eis. Gary Barlow hält sich zurück. Eine kleine Überraschung. Früher war er ja der Kopf und das war oft der Streitpunkt gewesen. Doch nun ist Robbie zurück, da muss man schon mal Platz machen. Gary tut dies gern. Howard und Jason bleiben die hübschen Kens, die munter ihre Lippen bewegen. Sie lassen zwei Mal ihre Hüften kreisen. Schluss. Diese beiden Songs sind auch die Schwächsten des Albums. Es sind halt keine Leadsänger, wenn man überhaupt von Sängern sprechen darf. Für Howard ist ‚Affirmation‘ etwas zu fix und einen Ticken zu hoch. Erst wenn die restlichen Jungs einsetzten, fängt er sich und rudert das Stück ins Trockene. Jasons Song wird sogar als Hidden Track versteckt. Hoffentlich findet den keiner. Hätte man weglassen oder anders machen müssen. Egal. Der Rest ist Radio-Pop vom Feinsten. Robbie drückt den Songs das gewisse Freddie Mercury-Ding auf. Owen lässt den Auto-Tune quaken und Gary bietet seine Schulter für zweistimmiges Austarieren an. Bei jedem Hören steigern sich die Songs noch einmal. So muss Popmusik sein. Die Balladen sind fast verschwunden. An ihre Stelle sind Midtempo-Nummern getreten. Doch die funzen! Aber ganz wichtig, die neuen schnellen Stücke überstrahlen alles Dagewesene. Das Autoradio brennt. Stark!
Take That sind erwachsen geworden. Genau wie die Fans. Ob das die Teenies von heute noch mal reizt? Egal, die alten Fans, also die Frauen in meinem Alter, werden immer noch Robbies graue Haare einzeln zählen und von seinen prolligen Tattoos träumen. Die Männer halten das aus und finden jetzt sogar die Musik ganz gut. So ist doch alles in Ordnung. Mainstream-Tipp des Jahres!

Take That – The Flood from StarSurfer on Vimeo.

Erschienen bei Polydor (Universal)

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