Es ist fast windstill. Einsame Töne stehen auf der Kippe. Klavierakkorde schummern verhalten. Hier und da ein introvertierter Einzelton, eine kleine zaghafte Linie, die man kaum Motiv nennen mag. Einzelheiten im eigentlichen Wortsinn. Es schnarrt und es kratzt. Aber auch nur leicht.
Die Klänge des Klaviers glänzen nicht durch das, was man Brillianz nennt. Im Gegenteil. Der Reiz entsteht hier mal wieder durch das Nebengeräusch und den subtil eingesetzten Effekt. Die Weiterverarbeitung der Signale in alten Tonbandmaschinen erzeugt Rauschen, leichte Delays und atmosphärisches Rest-Knistern, im Doppelsinn reflektierende Geräusche, die ebenso verhalten, wie selten im Gesamtbild in Erscheinung treten.
Das Tempo verharrt im Adagio. Es schwimmt ohne strukturelle Ausrichtung bis, ja bis zum vorletzten Track „pntps 5“. Ein kleiner Bruch, wie aus dem Nichts tauchen quirlig bewegte Läufe und Skalen auf, die sich nach kurzem Austoben neben einem snaredrumartigem Einwurf wieder in das bekannte Adagio auflösen. In Pedalgeräuschen und sehr weit ausgedünnten perkussiven Spitzen verschwimmen die nun etwas dichter tänzelnden Akkorde in ein ungerichtetes, in ein nicht wissendes Außen. Ungewisse Zukunft winkt still.
Bill Wells (Pastels, Maher Shalal Hash Baz) und Stefan Schneiders (To Rococo Rot, Mapstation) Zusammenarbeit, die nun erstmals als Album vorliegt, ist nicht ohne Vorgeschichte. Schon vor zwei Jahren traten sie gemeinsam im Rahmen des Piano-Festivals Approximation in Düsseldorf auf. „Pianotapes“ ist eine Improvisationsarbeit, deren Versuchsanordung sich auf den Dialog zwischen Originalklang (Klavier) und dessen Fälschung (Tonbandeffekte) fokussiert. Die Wirkung der resultierenden Arbeit liegt sicherlich in ihrer Offenheit und ja, Neutralität, dem Fehlen jeglicher Affirmation und Folklore. Eine Qualität, die Hörern der Musik Stefan Schneiders nicht ganz unbekannt sein dürfte. Gegen „Pianotapes“ wirkt Max Richters „Infra“ wie das Machwerk eines traditionellen Grobians.
„Pianotapes“ erscheint am 5. November 2010 bei Karaoke Kalk.