Crocodiles – Sleep Forever

Man muss auch unterscheiden können! Man muss mal die Kirche im Dorf lassen und Umwege gehen, um auf dem richtigen Zeltplatz anzukommen. Die Crocodiles krempeln nicht alles um, doch sie werden musikalischer. Sie entdecken das Songs auch mal eine gewisse Sogwirkung erhalten können, wenn man ihnen mehr Raum und Tonalität gibt. Und Raum ist nicht immer gleich Hall, obwohl die Crocodiles schon sehr drauf abfahren. Runterbrechen ist das Stichwort!
James Ford von Simian Mobile Disco versuchte das alles einzufangen. Als Baustellen-Ein-und-Ausfahrt-Aufpasser sitzt er an den Knöpfen. Am Ende von „Sleep Forever“ muss man sagen:“Ja, es ist ihm geglückt! Keine Auffahrunfälle, kein Sand im Getriebe!“ Die Songs knallen nach wie vor, doch deren Dichte und Tiefe hat Ford nach vorne gezogen. Von kleinen Monstern zu sprechen, die auszogen, um noch scheußlicher zu werden, ist vielleicht ein bisschen kindisch, doch das trifft es ganz gut. Die Wärme der Songs, die natürlich immer noch an The Jesus and Mary Chain erinnern, lässt dein Herz langsamer schlagen. Monster mit Sonnenbrand.
Crocodiles
Auch die Krach- und Zerstörungparts, die einen Song mal kurz von der Mitte des Raumes in die Ecke drücken können, machen Sinn und sind nicht nur avantgardistisches Beiwerk. Die Melodien versuchen sich in den Vordergrund zu drängen, bekommen aber zu jeder Sekunde ein Primal Scream-Rave-Mäntelchen. Eine kleine Glockenspielmelodie wird groß gemacht. Brandon Welchez singt sich in Rage. Seine Stimme bekommt ein Effektebrett um die Lippen genagelt. Manchmal hallt dich Welchez einfach um. Ungefragt gibt er Gas, steigert sich in Höhen, wo nur noch die Orgel mitquietschen kann. Die Melodien bleiben aber das Aushängeschild der Krokodile. In all dem Soundchaos, all der Verzerrung und Dichte liegen sie wie Tagesdecken auf dem verwanzten Bett. Welchez schüttelt sie manchmal aus. Es staubt. Krautrock, Dreampop, Shoegaze und andere Ungeziefer fallen heraus. Sleep Forever ist amtlich geworden. Obwohl die Roughness immer noch in den Klamotten hängt und Schwelbrände die Luft vergiften. Die Crocodiles ziehen vor Spacemen 3 und Spiritualized den Hut und bei ihrer Verbeugung bekommen sie ein eigenes Gesicht, dass zwar grau, doch noch nicht faltig ist. Blues für den Malocher!
Erschienen bei Fat Possum

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