Edwyn Collins hat harte Zeiten hinter sich. Nach zwei Schlaganfällen meldet sich der 51-Jährige nun zurück. Keine Tränen will er sehen. Auch die rechtsseitige Lähmung nimmt er in Kauf. Kann man nicht ändern! Warum sollte er jetzt auch keine Musik mehr machen? Zu viele Ideen und Melodien schwirren in seinem Kopf herum. Sie müssen nur aufgenommen werden.
Edwyn Collins bringt alle Phasen seiner Karriere mit ins Studio. Twang-Pop, Post-Punk und unbekümmerter Wave-Soul sind da nur Eckpfeiler. Ein Gefühl soll transportiert werden. Da sind Genres fast überflüssig. Auch die eigene Legende muss nicht ständig aufs Brot geschmiert werden. Frisch und unbekümmert kommen die neuen Songs daher. Edwyn gibt den zurückhaltenden Crooner, der nur selten mal anzieht. Fans und Freunde halfen Edwyn, das neue Album aufzunehmen. Nicht nur, dass Collins nicht mehr Gitarre spielen kann, auch Edwyns Aussprache ist eingeschränkt, doch er singt sich cool und lässig durch die neuen Stücke. Die Gitarre wird herumgereicht.
Er glaubt noch an sich, an die Kraft der Musik und die Liebe. Hilfe bekommt er bei jeder Hookline und jeder schmucken Idee. Die Songs fliegen zeitlos über schlichte Arrangements. Johnny Marr schlägt die Gitarre beherzt an, Alex Kapranos gibt seine Stimme her. Auch die Hipster von The Drums dürfen ihrem Helden unter die Stimmbänder greifen. Ein bunter Haufen ist entstanden, der altmodisch mit den Sounds der Vergangenheit spielt. Schräge Parts mit zickigen Gitarren mischen sich mit eingängigen Popparts. Dem Schicksal wird ins Gesicht gelächelt. Die Upbeat-Nummern hüpfen voller Energie ins Tagesgeschäft. Es geht weiter, lass dich nicht aufhalten und bemitleide dich nicht!
Collins Bariton hat immer noch Gewicht, auch wenn er manchmal flattert. An den Drums sitzt ein Sex Pistol und Roddy Frame von Aztec Camera versüßt mit warmen Worten das Vorbereitete. Alles ist schmuck angerichtet. Man spürt in den Songs die Lust und Leidenschaft mit denen Collins alles wegträllern kann. Ein sommerliches Album ist dabei herausgekommen, das in seiner Machart natürlich nichts neues erfindet und doch aus dem Rahmen fällt. Es sind die Songs, die strahlen. Man fühlt sich glücklich und frei. Das ist die Aufgabe von Popmusik und das sollte sie auch immer beherzigen. Nicht immer muss ein Kampf oder ein Zerrspiegel in Songs getragen werden. Manchmal reichen einfach tolle Melodien.
Toll, wie die Mannen um Collins den Meister hofieren, ohne ihn zu hoch in die Bäume zu hängen. Collins hat einen neuen Weg gefunden, um seine genialen Einfälle umzusetzen. Auch die stilleren Parts haben nichts von Klageliedern. Sie verdeutlichen nur, das Collins das Leben nach wie vor liebt. Da kann auch eine Mundharmonika ein Lied von singen. Die großen Momente bietet Losing Sleep, wenn sich die Stimmen der Gäste mit Collins paaren. Die Songs starren dann mit aufgerissenen Augen in die Mittagssonne. Schön schräg. Ein Popalbum, das immer wieder die Kraft von Musik in den Vordergrund stellt. Mit Freunden an der Seite, die einem zuspielen, ist doch alles zu meistern. Jedes Handclap ist an der richtigen Stelle. Klatsch mit. Collins ist wieder im Fokus und das Licht steht ihm gut. „And if you wanna go / Then I let you go, no, you don’t have to stay / Sometimes I get tired / And I know you got to find a new way / I see it in the sky / I see it in your eye.“
Erschienen bei Cooperative Music/Universal