Screaming Females – Castle Talk

Gib dich dem trüben Gitarrensolo hin! Die Saiten wabern und die hohen Töne grinsen J. Mascis mit jugendlicher Lockerheit mitten ins Gesicht. Marissa Paternoster versucht lässig über ihre Hooklines zu singen. Manchmal geht ihr ein wenig die Puste aus oder ist der Verzerrer zu weit aufgedreht?
Ihre beiden männlichen Kollegen halten die Ausbrüche zusammen. Die Bassläufe von Mike Abbate sind mehr Yo La Tango als Lou Barlow, doch es geht nicht ums Kopieren. Der Kopierer wird nur benutzt, um sich mit blankem Arsch ablichten zu lassen. Der Punk zerfetzt den Farbstrahler und lässt eh alles Schwarz-Weiß aussehen. Jede Collage, die ans College-Schwarze Brett gehangen wird, hat luftige Umrisse. Starbucks-Annoncen bekommen Kaffeflecken. Da soll die Jugend nicht mehr hin. Brau doch selbst!
Screaming Females haben auch diesen alteingesessenen Groove, der Jugendclubbesucher zum Pogo anregt. Die Bretterparts und die stillen Momente, um noch schnell ein Bier zu holen, halten sich die Waage. Manchmal kreist Marissas Gitarre um sich selbst und sie keift wie ein Jello Biafra ohne Bürgermeisterschaftskandidaturanstrebung. Das Solo steht dann aber doch immer im Mittelpunkt. Und Marissa gniedelt ihr Holz fein und doch brachial. Sie lässt ihren Fingern immer wieder kurz eine klitzekleine Ruhepause. Zeit für ihre Kollegen dem Ganzen, ein wenig Zuckerguss und Popappeal überzuziehen. Wird schwer! Marissa verliert nur an Kraft, wenn auch ihre Stimme durch den Fleischwolf gedreht wird. Das ist doch gar nicht nötig! Ist doch alles so schon komplett und eine Yvonne Ducksworth wächst auch nicht an den Bäumen. Man muss einfach mal die Gangschaltung betätigen, auch wenn man eine Automatik hat.

Screaming Females

Natürlich schlotzt der Dreck hinter jeder zerfetzten Note und jeder Bridge. Frontfrau hin oder her, wohin soll die Reise gehen? In das Land, in dem L7 wohnen? In den Rockhimmel, da wo schon Courtney Love wartet? Immer dann, wenn sich die Screaming Females in die Poprock-Radioecke trauen schimmern ihre Licks fast schon golden. Daran sollten sie arbeiten, denn Knüppelbands, Schülercombos oder angezickte Rockröhren ohne Substanz gibt es schon zu viele. Ihr talentiertes Gitarrenspiel wird Marissa schon in die richtige Richtung spülen. Weglassen ist manchmal mehr.
Erschienen bei Don Giovanni Records

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