Es ist das Wechselspiel zwischen einer Gitarre und einem Bass. Wer spielt wem in die Hände und wer hat die Lust am Treiben in den Fingern? Achte auf die Snare! Sie kommt unregelmäßig regelmäßig. Fällt man aus der Bahn oder stoppt man an der Biegung zu Konfusion?
Grass Widow sind ein gutes Beispiel für zickigen, hektischen Rock. Die Songs der Frauencombo schlottern sich durch wüstes, dennoch durchdekliniertes Wischiwaschi. Vokalharmonien versuchen sich, wie es einst Stereolab praktizierten, in den Vordergrund des Songs zu schieben und ganz anders zu klingen als der Rest. Da kann man auch schon mal den Kanon anstimmen, um ein Zusammengehörigkeitsgefühl aufkommen zu lassen. Ist da ein Hauch Punk in der Drehzahl? Sind es Popverweise, die an eine Retro-B-52’s-Platte erinnern?
Die Damen von Grass Widow versuchen sich an einer Stapelung, die schon mal quietschende Geigen oder sind es Synthies, die nur vorgaukeln etwas mit dem Ganzen zu tun zu haben, als Loslösung aus dem Folk als Druckmittel einsetzen. Die Gitarre spielt ein unermüdliches Solo. Der volle Akkord bleibt aus. Alles hüpft und wackelt. Manchmal ist die Leere schon erschreckend. Man verfolgt ein Trio und ihren Instrumenten. Wunderbar an der klassischen Songstruktur vorbei, um aber trotzdem dem Chorus eine kurze Chance zu geben, wenigstens einmal zur Wiederholung anzusetzen.
Sleater-Kinney werden mit Riot-Grrrl-Ausrufen gehuldigt. Bikini Kill bekommen ihr Waxing. Doch eigentlich versuchen Grass Widow, was übrigens ein Ausdruck aus dem 17. Jahrhundert ist, der eine Frau beschreibt, deren Mann auf See ist, sich an Delta 5 oder Kleenex zu erinnern. Post-Post-Punk also. Grass Widow faszinieren und verhuddeln sich trotzdem irgendwie manchmal. Nicht jede Rakete zündet, nicht jede Bassfigur sitzt, doch das stört nicht so. Die Songs tragen sich selbst Huckepack in die Welt, sind überdreht und angezickt. Das Stimmenwirrwarr lässt dich an Schullandheimaufenthalte denken, bei dem die Mädels immer ihre nervigen Händeklatschlieder bis zur Erschöpfung darboten.
Grass Widow sind eine interessante Band, die wohl noch weiter an atonalen Verschiebungen arbeiten muss, aber schon mal erste Grundsteine gelegt hat, auf denen es aufzubauen gilt. Girl Power wird wieder mal als Begriff eingeführt, doch braucht man in diesen Zeiten noch eine Extranennung? Ein Raster? Hier geht es um Rhythmik, Roughness und Grenzerweiterung. Ob das Riot ist oder nur verständlich, das sollen andere entscheiden. Entdeckung des Monats!
Grass Widow – Fried Egg from Kill Rock Stars on Vimeo.
Erschienen bei Kill Rock Stars