Brandon Flowers verschluckt sich am Pop. Der Killers-Frontmann nutzt die Auszeit seiner Hauptband, um uns sein Talent zu präsentieren. Doch welches ist es? Die Stimme kann es nicht sein, dass hat man bei vielen Gigs gehört. Sein Songwritingtalent? Vielleicht. Gut, einige Hits hat Brandon schon hervorgebracht, da darf man nicht meckern und das stelzige Gockelgehabe? Ist das auch ein Talent, ist das Vegas, ist das noch gültig? Darf man das noch?
Flowers bedient sich all dieser Fähigkeiten und bietet langatmigen Schmalz, der sein 80er-Bedürfniss stillt, sein trauriges Alter Ego vor den Spiegel zerrt und den Wunsch nach Platin in dumme Texte packt. „Flamingo“ zeigt mit dünnen Beinchen sein rosa Gefieder. Die Stimme wird schön nach vorne gemischt, nachdem sie erstmal tüchtig bearbeitet worden ist. Hall muss rein, dann wirkt sie noch gefühliger!
Wen ruft man noch mal an, um der Musikpolizei einen gültigen Bewährungshelfer vorzuführen? Stuart Price, ja wer hätte das gedacht? Und hatte Bono nicht auch so einen tollen Mastermind? Daniel Lanois! Der kennt sich mit aller Art von Pop aus und Brandon will jede Art von Pop. Jede zu hohe Gesangsnote bekommt ihre Margarine weg! Und der River Of Truth? Ach, vergiss Wahrhaftigkeit, pinkel rein. Im Pop ist jede Lüge erlaubt, jede Liebe verbraucht und jeder Kuss eine Verführungskunst.
Die Gesangsparts erinnern an den Storyteller Springsteen, nur ohne Story. Auch den Wunsch aus der amerikanischen Tradition zu brechen, hört man in jedem tropfenden Ton. Die bezaubernde Jenny Lewis wird eingeflochten und singt Brandon an die Wand. Es wird ja auch bald ihr „Jenny and Johnny„-Projekt das Licht der Bühnen entdecken. Darauf kannst du dich freuen! Viel besser!
„Flamingo“ klebt so tierisch. Auch die ruhigen Momente lassen dich immer wieder erschaudern. Diese aufgesetzte Melancholie lässt dir keine Hoffnung und keine Lust mehr. Du presst dir die Beine zusammen. Nicht jede Nacht wird mehr zum Tag, nicht jeder Hit muss sein, nicht jeder Musikfan will sich verarschen lassen. Flowers lässt seine Siegfried und Roy-Nummern so lässig und käsig krachen, dass man ganz am Ende gar nicht mal so böse sein kann, denn er hat ja mit offenem Visier gekämpft. Jeder Song war ohne doppelten Boden und ohne Anspruch serviert worden. Doch hatten wir nicht einen Anspruch? Hattest du einen? Oder reicht es, dass wir Til Schwieger brauchen, der uns sagt, was gut ist und was nicht? Anscheinend ja. Brandon Flowers geht den üblichen Weg über Fernsehshows, mit klatschenden, grenzdebilen Omis und Konfettiregen. Entweder klatschst du mit oder ihm eine.
Erschienen bei Island/Universal