Jamaica – No Problem

Filterlose Zigaretten schmecken immer ein wenig härter, wenn man da überhaupt von Schmecken reden darf. Filterrock hat auch so einen unangenehmen Geschmack. Die Einen sind süchtig und die Anderen rollen mit den Augen. In Frankreich kennt man sich da eh besser aus. Da gehört der Filter zum guten Ton, zur Partynacht und zur Renaissance.
Jamaica haben ihre Ohrwürmer auch schön durch alles gejagt, was auf dem Effekte-Tisch Platz fand. Die Gitarre ist wichtigster Bestandteil. Es wird gegniedelt, gemuckt und gewichst. Das junge Pariser Publikum schmeißt den Kopf in den Nacken, damit der Pastis schneller knallt. Die Songs beginnen wie Phoenix-Songs und enden im Daft Punk-Universum. Justice-Mastermind Xavier de Rosnay liebt Classic-Rock und das hört man der Produktion auch an. Dank solcher Hilfe fliegt die Maschine auch über Frankreich hinaus. Alles wurde gestriegelt und gebügelt. Glasklar. Der Dreck leicht in die Ecke gefegt. Es muss Platz zum Tanzen da sein. Der alte Song „Cross The Fader“ wurde nochmals aufgewärmt. Warum nicht? Popmusik sollte das vertragen können. Die Backings schmelzen wie Camembert in der Mittagshitze. Die BaBaBaas sind luftig und kratzig zugleich. Ein Gitarrensolo später sind die 80er zum Stammtisch aufgebrochen und holen sich mit AC/DC-Fahnen den Männerrock zurück. Sehr unterhaltsam, doch auch ein wenig kirre.

Jamaica

Sting lächelt und träumt von der nächsten Weihnachtszeit. Ja, früher war alles besser, da wurde noch mit der Faust auf den Tisch gehauen und die Matten in den Wind gehangen. Die Girls waren noch Mädchen der Seite 3 und man hatte Wet-T-Shirt-Contests in seinem Filofax stehen. Termine über Termine. Anstrengend war es, doch die Knatze stimmte. Jetzt hat alles einen schalen Geschmack, jede Party wird an der nächsten gemessen. Die Girls haben sich entschieden, sich nicht mehr so dolle für blöd verkaufen zu lassen und Sting hat einen Bart und singt schwedische Weihnachtslieder.
Die Franzosen Jamaica lassen ihre Songs in Radio-Edits durch die Boxen quillen, lieben die große Geste und den schnellen Song. Immer weiter, immer schneller und schön sexy. Auch ein bisschen asi das Ganze, doch ironiefrei geht die Sause gut von der Hand. Der Tanzabend ist gebongt und das Muskelshirt lässt deine Achselhaare männlich aussehen. Ein Paukenschlag. Der Elektrohimmel weint.
Erschienen bei V2/Cooperative Music

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