Teenagersintokyo – Sacrifice

Peter Pan fliegt in das Abendrot. Mädchen tragen Feenkostüme und springen durch Turnreifen. Ihre Ballettschlappen sind phosphoreszierend. Jungs schnüffeln an der Nebelmaschine. Der Beat bleibt steif und stumpf. Der Bass plockert auf dem Ersatzreifen durch die Altstädte dieser Welt. Doch in Sydney holt der 80iger-Revivalzug noch einmal zum Überholen aus. Bleib mit dem Kajal in der Hand am Tanzflächenrand! Reim dich oder ich fress dich!
Teenagersintokyo gönnen sich einen Mann am Schlagzeug. Er hält die Girls zusammen und gibt den Ton an. Er wischt auch den Proberaum feucht durch. Sängerin Samantha Lim gibt Madonna Zucker und poltert sich durch wavige La Roux-Dance-Tracks. Immer einen Blick in den Spiegel gerichtet. Gutes Aussehen gehört allemal zu Trendsettern. Obwohl der Trend ist doch auch nur geklaut.
Die Phasergitarre von Sophie McGinn seufzt immer mal wieder diese Cure-Heuler und das Keyboard bleibt das Spielzeug für die Vor- und Zurücktänzer. Teenagersintokyo machen lupenreinen Pop und bleiben sauber. Hier wird nicht geritzt oder einen über den Durst getrunken. Alles bleibt auf der Oberfläche, ist aber schön anzuhören. Jedes Muskelzucken lässt die Herzen höher schlagen. Die Schwarzweiß-Taktik, ein wenig New Order hier und ein wenig Siouxsie da, geht eigentlich auf. Wo The XX noch das Paarungsritual mit Kerzenwachs vollziehen, ist bei den Aussies der Schönling im Taschentuch. Wie bekommt man den da wieder raus, ohne großen Dreck zu machen? Die Tanzfläche winkt etwas müde, doch man stolpert des öfteren hinauf und verweilt mit gesenktem Kopf bei so viel Nostalgie.
Samantha Lim ist manchmal zu zart, sie könnte den Songs mehr Härte, mehr Wut und Trauer schenken. Doch ihre Säuseleien bleiben im Tüllstoff gefangen und kommen nicht durch die Spitze. Die dunklen Momente werden so mit Bubblegum überzogen, dass es schwierig wird, den Teenagers zu folgen. Doch die jungen Australier haben auch tolle Singles zu bieten, die mehr sind als nur stumpfer Abklatsch. „End It Tonight“ hüpft fast Le Tigre ins Gesicht und macht manisch. „Peter Pan“ zieht große Kreise und kommt dann auf den Punkt, an dem schon andere zerbrachen. Man muss auch Hits wollen. Schön gemacht.
Teenagersintokyo
Dagegen nervt dann aber auch die Endlosballade „3046“ mit Zoot-Woman-Trägheit und halligen Chören, die auch nur Seufzen können, ohne Gefühle zu transportieren. So bleibt „Sacrifice“ ein Gemischtwarenladen mit schlechten Öffnungszeiten. Du musst genau wissen, wann du vor der Tür auftauchst. Es könnte schon geschlossen sein und du musst draußen in den Abfällen wühlen. Halbe Mieten akzeptieren wir Großgrundbesitzer nicht. Sorry!
Erschien bei Backyard Recordings

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