In der letzten Zeit wurde ja gern das Attribut „Band total neuen Typs“ weitgehend zu Unrecht vergeben, etwa bei Besprechungen von Formationen wie Hot Chip oder den Gorillaz. Wenn es überhaupt Sinn macht von der Transformation zeitgenössischer Bandkonzepte zu sprechen, dann doch wohl eher im Zusammenhang mit der Arbeit der Hamburger Gruppe HGich.T.
Mit dieser konnte man am Freitag Abend im FFT in Düsseldorf gemeinsam der Frage nachgehen, was das Wesentliche an Live-Konzerten in der Popmusik ist. Denn HGich.T sind in der Tat anders als die anderen Bands. Das beginnt schon bei der nicht so leicht zu beantwortenden Frage, wie viele Akteure eigentlich zu dem bunt gemischten Ensemble gehören. Weiterhin fällt auf, das Videos bei Youtube wichtiger sind als die Veröffentlichung konventioneller Tonträger.
HGich.T holen Ironie als Teil von Popmusik wieder zurück an deren schillernde Oberfläche. Sie arbeiten sich als ebenso unermüdliche wie sorgfältige Dilettanten mit Hilfe von Ironie als Abrissbirne an der kompletten Popgeschichte ab. Insbesondere bekommen die 1990er Jahre-Strömungen Trance und Goa ihr Fett weg. Da wird persifliert bis der Arzt mit dem Rohrstock kommt. Aber der Ansatz von HGich.T ist ein viel grundsätzlicherer als nur Satire zu machen. Sie stellen nämlich Mode und Ästhetisierung im Pop wie auch das Model Künstler/Popstar an sich in Frage. Wer hampelt da eigentlich gerade in Stretch-Leggings und Ketchup auf, vor oder neben der Bühne herum? Von wo kam gerade die Bierdusche? Wo ist hier eigentlich noch die Grenze zwischen Bühne und Parkett?
Das allein würde aber immer noch nur zu einem vielleicht mittelmäßigen zeitkritischen Theaterstück gereichen. Das Besondere und Erfrischende an den Konzerten von HGich.T ist, dass diese in ihrer ganzen theaterhaften Inszeniertheit, dennoch schlicht und einfach als Popkonzert funktionieren, ganz ohne Metaebene. Einerseits „Tanke“ als Metapher und Spiegel auf Untiefen sozialer Praktiken besingen und andererseits genau so mit einer Palette warmer Bierdosen und 100 unbekannten Freunden im schlechtesten Club Düsseldorfs erfolgreich Party praktizieren. Das hat nicht nur Stil, das hatte an diesem Ort zuvor noch keine Band geschafft. Vielleicht hat das System Pop im 21. Jahrhundert ja doch noch ein Paar Eier.
Live-Video erstens und zweitens zum Abend.
Site HGicht.T