Die Geister, die Arandel nominiert, sie sind weder zu hören noch zu sehen. Ihre Transparenzen haben kaum Brechungen, wenn überhaupt. Der Fresnel-Shader in ihren Häuten scheint deaktiviert. Und ihre Stimmbänder sind verwachsen. Kein Laut, kein Röcheln, nicht mal ein Hauch. Das Windrad bewegt sich nicht. Das macht sie so schwer auszumachen. Gibt es sie überhaupt? Where are you, Terry Riley?
Mit dem als #6 benannten dritten Titel wird das Album des französischen Musikers Arandel, der sich kürzlich einem Berliner Publikum im Berghain vorstellte, spannend. Ab diesem Punkt nämlich verlässt er die konventionellen Pfade elektronischer Musik, die er laut Infotext wie einen alten Mantel längst abgelegt zu haben behauptet.
Arandel ist sehr bemüht. Bemüht um Unkonventionalität und um ein eigenes Konzept, das hinter seinem Werk aufgestellt ist. Arandel erzählt uns, was er nicht macht. Er benutzt keine Midifizierung, keine Fremdklänge und er möchte seine Person nicht zeigen. Aber warum eigentlich all das? Darüber erfahren wir leider sehr wenig. „Noch einmal. Der Zufall bestimmt die Struktur und die Kohärenz des Ganzen“, heißt es z.B. in Arandels Infotext. Aha. Allein, in welchem Zusammenhang dieses Zitat zum nicht näher benannten Entstehungsprozess seines Albums steht, darüber erfahren wir ebenso wenig Näheres wie über die etwas überspannt wirkende Annäherung an Terry Rileys Komposition „In C“ mit der Wahl des Titels „In D“. Schade eigentlich.
Doch zurück zur Musik: Die ist nämlich durchaus attraktiver als das poröse Konzept dahinter. Es gibt jede Menge Überraschungen durch Stilmixe und Brüche auf diesem Album, ähnlich wie auf Joakims letzten größeren Veröffentlichung „Milky Ways“. Doch während sich jener mit seinem Stilmix-Parforceritt immer noch innerhalb bekannter Welten von Disco und Rock bewegte, ist das Panoptikum der Ressourcen und Zitate Arandels offensichtlich meist in der Welt von Kammermusik und Orchester zu verorten. Das Spektrum reicht von Alan Parsons Project über Eyeless in Gaza bis hin, ja, dann doch zu Minimal Music.
Mit Titel #8 kommt eine gewisse Annäherung an das kleine repetitive Motiv, das changiert, schillert und sich verschiebt. Percussive Ostinati treffen auf breite aber zurückhaltend nachdenkliche Streichermotive. Und tatsächlich bleibt eine Sogwirkung dieser sehr fein gewebten Arrangements nicht aus, die im abschließenden Stück „Epilogue“ eine gelungene finale Steigerung finden.
„In D“ wird im Juni bei Infine Music erscheinen. Einen freien Track des Albums gibt er hier.