Holly Miranda will keine Elfe sein! Gar nicht so einfach, wenn einem so eine Stimme innewohnt. New York ist natürlich auch ein Ort, an dem man schon mal versumpfen kann, doch Holly hat ihr großes Ziel stets vor Augen. Ein Popstar möchte sie werden und sie tut kräftig daran, diesen Wunsch wahr werden zu lassen. Vergesst die spitzen Elfenohren! Ihre Connections sind da auch recht hilfreich, um ein anderes Bild zu erzeugen. Dave Sitek von TV On The Radio als Produzenten zu gewinnen, ist natürlich ein Husarenstreich.
Er schenkt ihr, wie schon Scarlett Johansson zuvor ein durchsichtiges Kleid.
Holly hüllt sich damit ein und zieht es nur vorm Zubettgehen aus. Elfengleich. Selber schuld! Die Gitarre fliegt durch weiche Träumereien, die nur mit Bleistift angedeutet sind. Der Radiergummi ist stets zur Hand und kann schnell jeden zuviel gewordenen Strich weghauchen. Die Gummifussel werden aufgehoben und am Ende des Tages gewogen. Wie viel unnützer Ballast ist abgetragen worden?
Hollys Stimme phasert sich traurig, doch mit Kontrolle durch New Yorks Waschstraßen. Immer bleibt ein bisschen Schaum auf der Haube kleben, wird aber von Sitek gekonnt abgeledert. Zuweilen taucht ein Trip Hop-Klon auf der Rückbank auf und grinst mit einem Cat Power-Lächeln Holly mitten ins Gesicht. Sie verzieht keine Miene. Freundschaften müssen nicht geschlossen werden. Frauen untereinander zicken eh nur rum. Da kommt man zu nichts. Doch wer braucht hier eigentlich Vergleiche?
Holly Miranda überzeugt mit eigener Strahlkraft und Düsen. Sie wäscht keine schmutzige Wäsche, obwohl ihre Waffen nicht von schlechten Eltern sind. Ihre Eltern hatten Holly sehr christlich erzogen und so musste sie sich heimlich der bösen Musik und der glitzernden Popwelt nähern. Hat ihr nicht geschadet. Sie hält sich angenehm zurück, drückt nicht allzu sehr auf die Emo-Hupe und ist stilsicher. Bläserchöre schimmern im Handschuhfach und afrikanische Beats füßeln mit der Gangschaltung. Hier wird noch gekuppelt. Keine Automatismen.
Große Gesten erwidern jegliche Einladung mit einem kleinen Dankeschön. Wellen schlagen gegen den Gitarrenkorpus. Holly hat aber nicht diese gottgegebenen Sternchenaugen und diesen drolligen Wimpernaufschlag. Sie lauscht der großen weiten Welt, umschifft aber jedes Girlie-Attribut weiträumig. Gut so, denn Sternchen gibt es wie Wolken am Himmel. Jede Nacht aufs Neue.
Holly Miranda legt ein Debüt auf den Beistelltisch, das nicht ganz einfach zu konsumieren ist. Zuhörmusik ohne Tori Amos-Schwülstigkeit ist ihr gelungen. Einige Songs plätschern etwas arg, doch in der Summe ist das Album ein gelungener Kleinwagen mit Kat. Zwar gehen die Scheinwerfer nicht immer, so musst du halt Hollys Stimme folgen und die zerschlitzt dir schon mal deine neuen Reifen.
Düster-Pop für Freunde grauer Vorhänge und Ersatzteillager. Eine Platte für Raucher und TV On The Radio-Fans, denn die Jungs tauchen des öfteren auf und zeigen ihr Können auf dem Mittelstreifen. Kyp Malone singt ein Ständchen und Jaleel Bunton klappert mit der Snare. Alle scheinen auf der Suche zu sein. Nach was bleibt unklar. Ob sie es in Büchern finden oder doch nur in Peter Jacksons „Herr der Ringe“?
Manchmal erinnert „The Magician’s Private Library“ an eine Light-Version der Jungs, nur mit einer Chanteuse in der Bühnenmitte. Eine Elfe will sie immer noch nicht sein, obwohl sie in diesem durchsichtigen Kleid jedem Troll die Schamesröte ins Gesicht fahren lässt. Schönes Album ohne großangelegte Hits! Wer hätte gedacht, dass in New York nicht nur Rampensäue wohnen?