Sollte man über sich und seine Musik nachdenken, wenn zwei Songs für Automobil-Commercials gekauft werden? Oder macht man alles richtig? Früher war alles anders! Da hatten die Werbebüros noch keinen Plan, was so als Untermalung genutzt werden könnte. Das Auge war wichtiger als das Ohr und die Indie-Musiker dieser Welt hielten die Hand auf ihre Songs. Nur der Zirkel kannte die heimlichen Hits. Nun gehören auch die Werbefuzzies zum Zirkel und gammeln im Hamburger Schanzenviertel rum, um diesen, wie sie sagen, atemberaubenden portugiesischen Kaffee zu schlürfen.
In den Mittagspausen hören sie den freakigsten Kram, um den Schlipsträgern eine Kampagne voraus zu sein. Basia Bulat aus Kanada ist auch eine, die mit ihren Songs durch den Einsatz in Werbespots berühmt wurde. Gut, berühmt war sie vielleicht vorher schon, nur in verqualmten Kifferbuden und besetzten Baumhäusern. Auf Folk-Events, sozusagen die Poetry-Slams der Singer-Songwriter war sie zuhause. Jungs mit Wollmützen und Vollbärten und Mädels im Blümchenkleid, die zwischen den Songs einen Handstand machen waren ihre Kollegen. Jetzt kennt sie die halbe Welt. Obwohl vielleicht kennt man nur ihre Stimme und das dazu passende Auto. Vielleicht hatten die Werber ja Autoharp als Assoziation. Ihr Gesicht kennt so gut wie keiner. Gut, vielleicht ihre Eltern und engsten Freunde.
Rough Trade war schon früh dran. Das Label ist immer auf der Suche nach Folk-Tanten, die mit brüchiger und kehliger Stimme zu alten Instrumenten Geschichten vortragen. Das Hammered Dulcimer wird immer schön Pizzicato bedient. Basia Bulat ist eine Geschichtenerzählerin. Sie braucht nicht lange in Büchern zu wälzen, sie fallen ihr quasi vor die Füße.
Die Akkustikgitarre trägt die Stories hinaus in die Welt. Das Banjo spielt die alte Leier und die alte Leier spielt das Banjo. Die folktypischen Arrangements mit Geige und Hackbrett zelebrieren eine Haltung, die uns Europäern ein wenig fremd erscheint. Für uns Deutsche sind ja auch Truck Stop schon richtige Freaks. In Kanada und den USA ist das natürlich anders. Jedes Lagerfeuer wird zum Trällern genutzt und die schönsten Schwestern des Dorfes singen so zauberhaft zweistimmig.
Basia Bulat sei es gegönnt ein wenig Knete mit zwei Songs verdient zu haben. Sie ist ungefährlich, nett und bisweilen soger charmant. Das sie das Rad nicht neu erfindet ist ihr bewusst, stört aber auch nicht. Auch ihre Ausflüge in Countryanleihen machen Spaß. Basia Bulat singt aus sauberer Kehle. Der Whisky ist hier eindeutig zu hart. Die Band spielt amtlich und mit hörbarer Spielfreude. Mariachi-Bläser untermalen die Up-Tempo-Nummern.
Alles klingt nach einem Live-Konzert in deiner Scheune und darin stehen die teuren Autos. Das Kamerateam von Volkswagen ist auch schon da. Wenigstens steckt im Namen das Wörtchen „Volk“. Entdecke „Heart Of My Own“ lieber ohne Familienkutsche. Lieber auf Reisen durch London, Ontario.
Erschienen bei Rough Trade