The Hot Rats – Turn Ons

Coverbands können dir schon mal den Tag versüßen. Es muss ja nicht immer das Festzelt sein. Bei den Hot Rats ist dies auf jeden Fall vorprogrammiert. Sie umschiffen clever die Gaudi und lassen Coversongs-Fanatiker klatschnass im Regen stehen. „Was, die Songs kenne ich ja gar nicht! Die sollten mal was covern, was ich kenne! Bringt doch sonst nix! Und überhaupt, das sollen mal Hits gewesen sein? Glaube ich nicht!“
Oliver Geissen-Fans sollten jetzt tapfer sein, denn die beiden Supergrass-Köpfe Gaz Coombes und Danny Goofey haben natürlich genau die richtigen Songs ausgesucht. Ihre Herangehensweise ist auch vorbildlich. Die beiden Freizeit-Mods drücken den Klassikern ihren Stempel auf, ohne plump zu wirken. Los geht es mit „I Can’t Stand It“ von The Velvet Underground. Ein wunderbarer Einstieg in eine Hitansammlung der Extraklasse. Jeder Verkaufssender sollte dieses Album in höhsten Tönen anpreisen. Die beiden Burschen behandeln die Songs mit Respekt und heben die Songs in den Britpop-Himmel, in dem schon Nigel Godrich sitzt und die Knöpfchen dreht, so dass alles schön amtlich klingt.
The+Hot+Rats+Cool+Hat
„Big Sky“ der Kinks kommt schön rockig daher und mit der Wendung zu einem McCartney-Piano und Eddie Argos Sprechgesang verlieben sich kleine Mod-Mädchen vielleicht erneut in die Godfathers. Die Background-Chöre jubilieren über fluffige Gitarren. Der Bierausschank wird mächtig zu tun kriegen. The Hot Rats sind smarte Burschen. Sie könnten Freunde fürs Leben werden. Sogar den angestaubten Doors lassen sie auf „The Crystal Ship“ ihre Theatralik. Das Piano huldigt Ray Manzarek mit jedem Akkord und irgendwie muss Jim Morrison im Studio anwesend gewesen sein, denn der Gesangspart klingt authentisch und herzzerreißend.
Das Kernstück bildet vielleicht „(You Gotta) Fight For Your Right (To Party) der Beastie Boys. Besser kann man diesen Song wohl nicht covern. Glückwunsch! Kleine spleenige Soundspielereien, eines Pioniers wie Nigel Godrich, runden ein gelungenes Album ab. Der Spaßfaktor spielt natürlich eine wichtige Rolle. Die beiden Jungs haben Spaß, lieben Musik und verehren, die von ihnen gecoverten Songs. Hier wird sich nicht lustig gemacht, hier wird abgefeiert. Gang Of Four dürfen in keiner Sammlung fehlen. So auch hier nicht. Roxy Music erhalten markante Bläser, um „Love Is The Drug“ noch frischer klingen zu lassen. Bryan Ferry wird sich die Mod-Lederjacke noch mal überwerfen und auf Teenie-Parties den Tiger machen.
Natürlich erinnert „Turn Ons“ an David Bowies Coverplatte „Pin Ups“. Die Songs ufern nicht aus. Keine unnötigen Wiederholungen der Refrains. Kurz und knapp und faszinierend knackig klingt „Turn Ons“. „Bike“ von Pink Floyd hat nicht an Weirdness verloren und Elvis Costello wird „Pump It Up“ sicher zuhause auf den alten Plattenspieler schmeissen und in Erinnerungen schwelgen. Die berühmte X-Beinstellung inklusive. Sogar ein Nervsong wie „Love Cats“ von The Cure wird zur Hymne und hat ein wunderbares Tempo. Der schon angesprochene David Bowie hält die „Queen Bitch“ im Arm und trägt wieder Glitzerklamotten.
Bei so viel Huldigung fragt man sich, wie es denn mit Supergrass weiter gehen soll? Eigene Songs zu schreiben steht nämlich auf einem anderen Blatt, doch das wird Coombes und Goffey nicht jucken. Der Fokus liegt auf dem Hier und Jetzt. Schön wie die Sex Pistols mit akustischen Gitarren interpretiert werden. „Turn Ons“ ist sympathisch kurzweilig. Kein Album für die Ewigkeit, doch Grillfeste und Dosenbier-Parties können damit wunderbar beschallt werden.
Die letzte Nummer zieht einem noch einmal die Schuhe aus. Eine herrlich runtergeschraubte Version von „Up The Junction“ von Squeeze. Godrich zeigt hier, dass er der George Martin der heutigen Zeit ist. Auch die Beatles kamen zu ihren Ehren, doch die Single „Drive My Car“ ist nicht auf dem Album vertreten. So wie früher. Singles bleiben Singles und haben auf dem Album nichts zu suchen. Für uns Fans ein wenig schade, doch Konzept ist Konzept. Hätte auch gerne „West End Girls“ gehört oder „Mirror In The Bathroom“! Doch Giftschränke bleiben Giftschränke. Man kann nicht alles haben. Aber wir leben ja in den Zeiten der Special Editionen und da wird sich schon ein Weg finden lassen, alles schön kompakt zusammenzuschnüren. The Hot Rats überzeugen, verbreiten gute Laune und zeigen Fingerspitzengefühl bei der Songauswahl und Umsetzung. Zehn Sterne! Was will man mehr?
Erschienen bei Indigo

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.