Frisell hat dem Jazz den Rücken gekehrt. Der überall zu spürende Drang einer Neudefinition oder das muckertypische Suhlen in altbekannten Mustern scheinen ihm übel aufgestoßen zu sein. Sein Blick wandert lieber nach Nordamerika. Dort in den verblichenen Arbeitervierteln, wo der Staub noch die Stiefel verdreckte, schlägt er seit geraumer Zeit sein Lager auf. „Good Old Country“-Schilder verwittern vor erhabener Watercraft-Kulisse. Heber Springs ist das Örtchen, das Frisell für sich entdeckt hat und somit auch den berühmtesten Sohn des Städtchens: Mike Disfarmer.
Der 1959 verstorbene Pionier der US-amerikanischen Schwarzweißfotografie. Seine Fotos ließen Frisell die teuren Gitarren in die Koffer verstauen und losfahren. Die Luft musste geschmeckt werden. Ein Treffen mit Tom Olmstead, dem Friedhofsvorsteher von Heber Springs, verstärkte noch Frisells Wunsch Disfarmer ein Denkmal zu klampfen. Tom fand damals, als junger Bursche, die Leiche Disfarmers in dessen Fotoatelier und begrub sie mit Vater Olmstead auf dem örtlichen Friedhof. Disfarmer starb einsam und in Dunkelheit. Zeit für Frisell frische Saiten aufzuziehen. „For Mike!“
26 Songs sind entstanden. Wenn man die Fotos im Booklet betrachtet kommen einem sofort tausend Schicksalsgeschichten in den Sinn.
Jenny Scheinman unterstützt Bill mit ihrer Violine. Greg Leisz befingert die Steelgitarre und Viktor Krauss hält den Bass auf Augenhöhe. Natürlich dürfen bei all dem Aufwand einige Klassiker-Perlen nicht fehlen. „That’s Alright, Mama“ und „I Can’t Help It (If I’m Still In Love With You) werden einfach mit untergebracht. Das Avast Studio in Seattle diente als Basislager, doch auch Nashville wurde aufgesucht und untergebracht.
Frisell malt wunderschöne Bilder, streichelt sein Griffbrett und schlendert wohlbesonnen durchs Folkwildgewächs. Dunkle Skizzen liefern kurzbelichtete Stories und die Fotos von Disfarmer erlangen so noch mehr Authentizität.
Disfarmer, der einsame Wolf, vor dem ganz Heber Springs die Hosen voll hatte, bekommt eine Referenz geschenkt von einem der wichtigsten noch lebenden Jazzgitarristen. Er wird sich mit einem Blitzlichtgewitter bedanken und wenn nicht er, dann ich. Mit Beifall…
Erschienen bei Nonesuch/Warner