John Zorn – O'o

Zorn tut es schon wieder. Sein Schaffensdrang ist unermüdlich. Nach „Alhambra Love Songs“ nun also wieder ein Schmuseding mit neuen Werken. Das Thema „Soundtrack“ scheint für dieses Jahr erstmal vom Tisch zu sein. Obwohl man weiß ja nie, was bei Zorn noch so auf dem Notenblock steht. Seine Allstarmusiker sind selbstredend wieder mit an Bord.
Marc Ribot dengelt seine Angebergitarre, wie schon lange nicht mehr. Auch sein Verzerrerbrett und überkandidelten Solischwätzereien dürfen „O’o“ verschönern. Jamie Saft orgelt wie ein Beserker und lässt uns kaum Luft zum Atmen. Trevor Dunn bumst seinen Bass durch Exotica-Hinterwälder, in denen an jeder Baumschule Kenny Wollesen mit den Vibraphonklöppeln lauert, um uns Musiktheorien zu predigen. Cyro Baptista hält seine Percussionswaffen bereit und feuert aus der Hüfte.


Romantisch geht es zu, doch Rosen haben bekanntlich Dornen, die einen gerne mal stechen. So schaukeln sich die Stücke heimlich in die Herzkammern und tanzen Tango mit hohen Hacken. Joey Baron an den Drums versucht klare Wirbel einzubringen, doch auch ihn hält es nicht länger hinter der Standttom. Wenn alle zaubern dürfen möchte auch er ein Wörtchen mitreden und lupft schon mal das Crash durch’s Dickicht.


Wie immer ist das Album fein arrangiert und luftig mit Rosenwasser beträufelt. Zorn bleibt der Avantgarde-Knallfrosch und besitzt den Latin-Führerschein. Auch wenn das Licht des Öfteren ausgeschaltet wird leuchten die Songs wie Glühwürmchen durch die Nacht. Vielleicht leben sie nicht lang, doch strahlen eine Lebensfreude aus, dass man ihnen wünscht eine Haltbarkeit zu erhaschen, die einem auch in einigen Jahren nicht sauer aufstößt.


New York pulsiert und steht nie still. Zorn wird auch nie still sitzen können und plant bestimmt gerade den nächsten großen Wurf. Seine Musiker werden auf seinen Anruf warten und gestimmte Instrumente anschleppen. Die Zornblase ist ständig gefüllt und lässt immer nur kleine Spritzer an den Häuserwänden zurück. Der Duft zieht durch die Stadt und wir läufigen Hunde schnuppern gerne an frischem Zeug. Und Zorn hat noch nicht alle Straßenzüge erkundet. Sein Markenzeichen zur Revierbestimmung wird uns noch viel Freude bereiten. Nase frei machen und los!


Erschienen bei Tzadik


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