Der Chanson wird kosmopolitisch. Auch modern soll er sein. Reif und versponnen zugleich. Verständlich einerseits und kurios andererseits. Klassische Sängerinnen-Grazie entfaltet sich in feinsinnigen semi-elektronischen Arrangements. Behutsam werden hier und da kleine Exzentritäten eingestreut, sehr kleine. Niobe flaniert pfeifend (Lovely Day) die alte Chaussee der Selbstvergessenen rauf und runter. Denn es hängt eine Unentschiedenheit in der Luft, die nicht vom Gesehenwerden flüstert. Niobe singt für sich und ihre mitmusizierenden Freunde, zu denen inzwischen auch David Grubbs zählt.
Auf “Blackbird’s Echo”, ihrem insgesamt fünften Album entfaltet die Kölner Musikerin Yvonne Cornelius 12 Songs, die durchgängig in einer Stimmung aristokratischer Langsamkeit angelegt sind, getragen von ihrer feinen Stimme und deren wohltemperierten Vortrag. Hektik und Aggressivität sind dazu die am weitesten entfernten Gegenpole. Niobe geht es um eine sanfte Nähe, die ihre Eleganz auf eine sehr intime Bühne bringt. Man sitzt ihr scheinbar ganz allein gegenüber und wäre trotz aller Vornehmheit nicht überrascht, fragte sie zwischen zwei Songs: “Darf ich dich mal anhauchen – riech ich nach Knoblauch?”
Es ist so als sei man gerade in New York angekommen und hätte schon am ersten Abend das Vergnügen im kleinsten Hinterhoftheater Niobe singen zu hören. Musikalisch wagt sie auf “Blackbird’s Echo” jedoch kaum Experimente, auch wenn hier und da kleine Klang-Überraschungen in die subtilen Instrumentierungen eingestreut sind. Einzig die aufgetragenen Effekte überpudern ihre damenhafte Eleganz und exponieren diese etwas übertrieben. Oft sind es große Hallräume, Echofahnen und Verzerrungen, die auf ihrer Stimme wie Lipgloss liegen und für eine kühle Überglamourisierung sorgen. Ein Umstand, welcher für mich unverständlich bleibt. Passt vielleicht zu der gerade herrschenden Spiegel- und Hochglanzästhetik in aktuellen Moden und Designs.
Trotzdem ist “Blackbird’s Echoe ein, wenn auch unspektakuläres, Vergnügen. Gerade jetzt im Herbst.
Blackbird’s Echo ist 2009 bei Tomlab erschienen.