Die Slipper ohne Söckchen zu tragen ist schon sexy. Julian Plenti möchte ein Dandy sein. Warum auch nicht? Mit neu gedruckten Visitenkarten in der Gesäßtasche geht’s nun in die zweite Runde. Der Interpol-Ausweis liegt zu Hause in der Kommode. Darauf steht noch Paul Banks. Eine neue Identität war vonnöten.
Die Geheimmission „Soloalbum“ verlangt einschneidende Veränderungen. Plenti hat New York als neue Heimat akzeptiert. Hier kann man besser untertauchen. Er tritt schnell aus dem selbst gestrickten Schatten. Ab ins gleißende Sonnenlicht.
Die zweite Mission lautet „Pop“. Auch die wird schon im ersten Song erfüllt. Das Album schleicht sich heimlich von hinten an, um auf einmal bedrohlich vor einem zu stehen. Keyboardfanfaren leiten uns in die Upbeatzone. Doch der Rückwärtsgang ist ständig im Blick. Tempo machen die andern. Wir schlendern.
Plenti verzaubert natürlich auch viele Mädchen. So ist das halt, wenn man inkognito arbeitet und gutes Aussehen mitbringt. Die Perle „No Chance Survival“ hören Mädchen gerne allein im Schlafzimmer. Sie gruseln sich ein wenig, doch fühlen sich mit Julian verbunden und himmeln ihn an. Manchmal ritzen sie sich sogar. Wie ein schwarzer Ritter stolziert Plenti durch ein düsteres New York. Wir glauben ihm alles und hängen an seinen Lippen. Wir halten ihn für den geschickten Retter. Auch in „Games For Days“ kommen Handschellen an der Heizung zum Einsatz. Fessel mich!
Joy Division-T-Shirts trägt er nur noch am Frühstückstisch. Nach dem Kaffee mit Fluppe werden das blaue Seidenhemd und das schwarze Sakko aus dem Kleiderschrank gezogen. Kids finden ihn cool, ich finde ihn lässig. Das Debüt rockt und poppt. Das Düstere wird nur kurz von einer Discokugel angeblinkt.
„Julian, bitte sing noch mal!“ flehen ihn die Girls an. Er lässt sich gern bitten. Interpol-Fans werden zufrieden mit dem Zungenpiercing schnalzen. Ich bin es auch. Von mir aus kannst du für immer Julian Plenti bleiben. Auch ohne Wucht und Rasierklingen unglaublich scharf.
Erschienen bei Matador