Aestate – Superflat

Aestate haben mit ihrem zweiten Album „Superflat“ ein ziemlich dickes Brett gebohrt. Über 74 Minuten Länge hätten in einem anderen Zusammenhang schon mal für ein Doppelalbum oder eine 5-EP-Box gereicht.
Die Motivik ist gleichermaßen dunkel und schön. Langsame streicherähnliche Flächen mäandern als wolkige Gebilde durch episch angelegte Tracks. Filter öffnen sich wie unentschlossene Muscheln in der Tide. Manchmal blubbert es anspitzt aus dem Hintergrund nach vorn. Dann auf einmal Ebbe – das Wasser zieht sich zurück und schwemmt die Klangbänke beharrlich hinweg (The Leaves). Kleine harmonische Rückungen erinnern angenehm an Polyharmonisches aus den Häusern Plaid und Black Dog.
Doch es ist merkwürdig: das Album wird durchweht von diesem zeitlosen Elektronikergeist, von dem man nie so recht weiß, sind die jetzt retrospektiv oder ganz weit vorne? Denn die Musik von Aestate hat nichts zu tun mit all den Step-Varianten aktueller Dancefloor-Subgenres. Das ist ok. Spätestens dann heißt es oft: das ist IDM. Weil dann doch aggressivere Beats kontrastieren? Weil dann doch verzerrte Patterns eingestreut werden? Vielleicht.
Bedauerlich nur, dass über weite Strecken die Rhythmusarrangements entweder ungelenk eckig oder etwas verstolpert sind. Sie drängen meist wuchtig in den Vordergrund und haben dann einen Lauf. Das dehnt so manches Stück ohne Gefühl für den Spannungsbogen. Schade, die Schere im Komponistenkopf hätte an mancher Stelle gut getan. Für Leute, die die Pausen in langen Babylon-5-Filmnächten mit Orbital und Meat Beat Manifesto unterlegen.
Superflat von Aestate ist 2008 bei Zany Music erschienen. Hörbeispiele gibt es hier.

0 Gedanken zu „Aestate – Superflat“

  1. allen, die nicht nur gern lesen oder lauschen,
    sondern auch gucken und denken,
    sei auch die derzeitige ausstellung ans herz gelegt.
    AESTATEvisual
    11. juli bis 18. september 2009
    täglich ab 19h
    berliner str. 82
    45145 essen
    video screenings noch am
    1. august und 18. september,
    dann auch mit den künstlern.
    und alles ohne musik.
    mehr kann man als künstler nicht anbieten, oder???

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